Praktisches Verwaltungsrecht

 

 

Handbuch des Sächsischen Verwaltungsvollstreckungsrechts

2. Auflage 2014

 

 

Gefahrenabwehr durch Abschleppen von Kraftfahrzeugen

(zugleich in Beitrag zur Abgrenzung der Ersatzvornahme von der unmittelbaren Ausführung)

apf 2oo1, Heft 3 (Landesbeil. Sachsen, S. 17 ff.) Teil 1

Heft 4 (Landesbeilage Sachsen, S. 25 ff.), Teil 2

Heft 5 (Landesbeilage Sachsen, S. 33 ff. ) abschließender Teil 3

 

Gliederung

A. Einführung


B. Konkrete Gefahrensituationen, dargestellt an 9 Fällen aus der Rechtsprechung

1. mit einem Aufbauschema zur Prüfung der Voraussetzungen eines Vollstreckungstitels

2. mit einem Aufbauschema zur Prüfung der Voraussetzungen der unmittelbaren Ausführung

C. Schadensersatzfragen

Fußnoten

A. Einführung

I. Immer wieder beschäftigt sich die Rechtsprechung mit dem Abschleppen von Kraftfahrzeugen aus Gründen der Gefahrenabwehr. Im Vordergrund der Streitigkeiten steht dabei regelmäßig nicht die Frage nach der Rechtmäßigkeit der Abschleppmaßnahme an sich, sondern die sich aus der Abschleppmaßnahme ergebende Kostenforderung der Polizei (1).

In diesem Zusammenhang muss gefragt werden, welche Rechtsgrundlage für die Kostenforderung besteht (Bescheid über die Kosten der Abschleppmaßnahme als Eingriffs-Verwaltungsakt in Form eines Leistungsbescheides gemäß den §§ 12 ff.
SVwVG (2) , da hier der Gesetzesvorbehalt (Art. 20 III GG) zu beachten ist.

Im Rahmen der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Kostenforderung ist dann auch die Rechtmäßigkeit der Abschleppmaßnahme an sich zu prüfen. In Betracht kommt grundsätzlich eine Abschleppmaßnahme als Ersatzvornahme (dann muss ein sog. Grund-Verwaltungsakt der Vollstreckungsmaßnahme vorausgegangen sein) i. S. einer Vollstreckungsmaßnahme oder die Polizei handelt im Wege der unmittelbaren Ausführung, d.h. also außerhalb der Zwangsvollstreckung in den Fällen, in denen der Abschleppmaßnahme kein Verwaltungsakt vorausging.

Rechtsgrundlage in Sachsen für die aus einer Ersatzvornahme resultierende Kostenforderung ist § 24 Abs. 3 des Sächsischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes, bei der unmittelbaren Ausführung § 6 Abs. 2 des Sächsischen Polizeigesetzes. Liegt der Sonderfall einer Sicherstellung gemäß § 26 Abs. 1 SPo1G vor, ist § 29 Abs. 1 Satz 3 SPo1G Rechtsgrundlage der Kostenforderung der Behörde (Fall VIII).

II. Problematisch ist die Abgrenzung der Vollstreckungsmaßnahme in Form der Ersatzvornahme gegenüber der unmittelbaren Ausführung. Das Rechtsinstitut der unmittelbaren Ausführung steht im SPo1G und nicht im SVwVG, weshalb bereits diese Einordnung zeigt, dass die unmittelbare Ausführung keine Vollstreckungsmaßnahme sein kann(.3) Vollstreckungsmaßnahmen sind abschließend im SVwVG geregelt und setzen einen Grund-Verwaltungsakt voraus (§ 2 SVwVG), während die unmittelbare Ausführung eine Ermächtigung der Polizei zum sofortigen Tätigwerden ohne Verwaltungsakt darstellt (4). Der unmittelbare Zwang als typische Maßnahme des Polizeivollzugsdienstes findet sich dagegen in den §§ 30 ff. SPo1G (5).

Anmerkung:

Auch die Rspr. hat Probleme mit dieser Abgrenzung, siehe dazu die Entscheidung des OVG Bautzen, SächsVBl. 2001, 94.
Die Vorinstanz (VG Dresden) vertrat bei einem Abschleppvorgang die unmittelbare Ausführung, während das OVG eine Ersatzvornahme bejahte

1. Dagegen ist der sofortige Vollzug, auch Sofortvollzug genannt (nicht zu verwechseln mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO bei Erlass eines Verwaltungsaktes), ein Rechtsinstitut, das in Sachsen unbekannt ist.

Es findet sich aber in § 6 Abs. 2 des Bundes-Verwaltungsvoll- streckungsgesetzes (BVwVG) und einigen Bundesländern, z. B. Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Dabei handelt es sich um Verwaltungszwang ohne vorausgegangenen Verwaltungsakt. Nach der amtlichen Begründung zu § 6 Abs. 2 BVwVG sollen die Fälle abgedeckt werden, »in denen sofort gehandelt werden muss, ohne dass es möglich ist, erst einen Verwaltungsakt zu setzen oder eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung zu erwirken. Für solche unaufschiebbaren Fälle ist vorgesehen, dass der Verwaltungszwang auch sofort ausgeübt werden kann. Das polizeirechtliche Gegenstück ist die unmittelbare Ausführung einer polizeilichen Maßnahme (6)

2. Manche Länder (nicht Sachsen) haben beide Institute nebeneinander in das Polizeirecht übernommen, wobei die unmittelbare Ausführung typischerweise zum Polizeirecht, der Sofortvollzug jedoch zum Vollstreckungsrecht gehört (7), wie z. B. Bayern, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen, was zu erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten führt. Denn beide Handlungsmöglichkeiten erfüllen dieselbe Funktion, weshalb die doppelte Normierung unsinnig ist (8) , sie ist verzichtbar (9), weil beide Maßnahmen hinsichtlich Ziel und Zweck wesensgleich sind (10). Das OVG Berlin (11) bezeichnet die unmittelbare Ausführung einer Maßnahme als eine Variante des Sofortvollzugs.

III. Anhand konkreter Beispiele aus der Rechtsprechung werden nunmehr die Fälle besprochen, die zu Abschleppmaßnahmen der Polizei geführt haben.

Im Vordergrund steht, wie bereits ausgeführt, die Frage nach der Rechtsgrundlage der Kostenforderung. Dabei wird dann im Zusammenhang mit der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Abschleppmaßnahme an sich zu erörtern sein, welche Rechtsqualität die Abschleppmaßnahme hatte (Verwaltungsakt oder
Realakt), wobei auch Zuständigkeitsfragen zu prüfen sind. Letztlich spielt auch die polizeirechtliche Frage nach dem Störer, also dem Adressaten der polizeilichen Maßnahme, bei allen Abschleppmaßnahmen eine große Rolle. Abschließend muss auch noch geprüft werden, ob die Polizei Schadenersatz leisten muss, wenn bei einer Abschleppmaßnahme ein Kfz beschädigt wird

 

B. Konkrete Gefahrenabwehrsituationen
 

Fallgestaltung I

Helmut Müller stellt sein Fahrzeug in einer unübersichtlichen Kurve ab. Als er das Fahrzeug verlässt, fordert ihn der zufällig vorbeikommende Polizeivollzugsbeamte Schmitt auf, das Fahrzeug wegen der Gefahrenlage unverzüglich zu entfernen. Schmitt erklärt dem Müller auch, dass er das Fahrzeug abschleppen lassen werde, falls Müller der Aufforderung zum Wegfahren nicht nachkomme.

Müller teilt dem Polizeibeamten mit, dass er keine Gefahrenlage sehe, außerdem habe er keine Zeit, da er dringende Geschäfte zu erledigen habe. Müller entfernt sich anschließend von seinem Fahrzeug (12).

Danach wird das Fahrzeug des Müller auf Veranlassung des Polizeibeamten Schmitt abgeschleppt, später ergeht dann eine Kostenforderung in Höhe von 200 DM an Müller in Form eines Leistungsbescheides.

Ist die Kostenforderung rechtmäßig ? (13)

1. Rechtsgrundlage für die Kostenforderung: (14)

Wie bereits dargelegt, kommen vorrangig zwei Rechtsgrundlagen in Betracht: Entweder handelte es sich bei dem Abschleppvorgang um eine Ersatzvornahme als Maßnahme der Zwangs- vollstreckung, konkret eine Ersatzvornahme gemäß § 24 Abs. 1 SVwVG, dann ist von § 24 Abs. 3
SVwVG auszugehen. Oder es lag eine unmittelbare Ausführung gemäß § 6 Abs. 1 SPolG vor, dann ist § 6 Abs. 2 SPolG die zutreffende Rechtsgrundlage (15).

Nunmehr fragt sich, welche der beiden Vorschriften als Rechtsgrundlage /Ermächtigungsgrundlage in Betracht kommt. Dies ist bei einer Klausur die entscheidende Frage, abgesehen davon, dass unter dem entsprechenden Zeitdruck eine effektive Prüfüngsreihenfolge angebracht ist.

Die richtige Rechtsgrundlage stellt auch die Weiche für die Prüfung der formellen Rechtmäßigkeit der polizeilichen Maßnahme, inbes. bei der Frage nach der Zuständigkeit.

2. Es empfiehlt sich, wie später noch begründet und auch für den Leser nachvollziehbar wird (siehe Fall II, 4) mit der Prüfung der Vollstreckungsmaßnahme in Form einer Ersatzvornahme, also mit § 24 Abs. 3 SVwVG als mögliche Rechtsgrundlage für die Kostenforderung zu beginnen. (16).

3. § 24 Abs. 3 SVwVG ist als Rechtsgrundlage für die Kostenforderung gegeben, wenn das Abschleppen des Fahrzeugs eine Vollstreckungsmaßnahme in Form der Ersatzvornahme, § 24 Abs. 1 SVwVG, war. Zuständig zum Erlass des Leistungsbescheides gegenüber Müller ist die Vollstreckungsbehörde, also die Behörde, die die Ersatzvornahme veranlasst hat (17). Konkret ist das die Vollzugspolizei, siehe § 4 SVwVG.

4. Eine Ersatzvornahme nach § 24 Abs. 1 SVwVG liegt vor, wenn der Vollstreckungsschuldner (§ 3 Abs. 1 SVwVG, Herr Müller) die Verpflichtung, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen anderen möglich ist (vertretbare Handlung), nicht erfüllt (Wegfahren des Fahrzeugs). Dann kann die Vollstreckungsbehörde (§ 4 SVwVG) auf Kosten des Vollstreckungsschuldners einen anderen mit der Vornahme der Handlung beauftragen oder die Handlung selbst vornehmen.

5. Zuständigkeit für die Vollstreckungsmaßnahme: (18)

Bei der Abschleppmaßnahme handelt es sich um eine Maßnahme der Polizei im Rahmen der Gefahrenabwehr, konkret um eine Ersatzvornahme. Zuständig zur Durchführung der Vollstreckungsmaßnahme ist gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 SVwVG die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Den Verwaltungsakt hat hier der Polizeibeamte erlassen (Aufforderung zum Wegfahren), der Behörde i. S. des § 1 Abs. 4 VwVfG ist.

6. Demnach muss eine sog. vertretbare Handlung vorliegen, also keine nicht vertretbare Handlung, die der Vollstreckungsschuldner nur höchstpersönlich vornehmen kann. Das Wegfahren des Fahrzeugs aus der unübersichtlichen Kurve (die Vornahme dieser Handlung verlangte der Polizist von Müller) kann von jedem Inhaber der entspr. Fahrerlaubnis vorgenommen werden; es handelt sich um eine vertretbare Handlung (19).

7. Der Einsatz des Zwangsmittels der Ersatzvornahme setzt nach § 20 SVwVG eine Androhung voraus, die hier durch mündlichen Hinweis des Polizeibeamten Schmitt erfolgte, er werde das Fahrzeug abschleppen lassen, falls Herr Müller die Gefahrenlage durch Wegfahren nicht selbst beseitige. Gemäß § 21 VwVG kann bei Gefahr im Verzug auf die Schriftform oder sogar überhaupt auf eine Androhung verzichtet werden (20). Eine Festsetzung der Ersatzvornahme ist nicht erforderlich, das ergibt sich im Umkehrschluss aus § 22 Abs. 2
SVwVG (21).

8. Bereits die Androhung eines Zwangsmittels (§ 20 VwVG), hier konkret der Ersatzvornahme, ist als 1. Stufe des Vollstreckungsverfahrens eine Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung gemäß § 11 SVwVG und setzt deshalb die Existenz eines Vollstreckungstitels voraus ( 22).

9. Folglich muss jetzt geprüft werden, ob ein Vollstreckungstitel zu dem Zeitpunkt vorlag, als der Polizist Schmitt dem Herrn Müller erklärte, er lasse dessen Fahrzeug abschleppen, wenn er es selbst nicht von der Gefahrenstelle entferne (23).

10. Die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung, insbes. die Frage nach dem Vollstreckungstitel, sind in § 2 SVwVG geregelt (24).
Aktuelle Anmerkung: § 2 VwVG ist seit der Gesetzesänderung vom Mai 2003 umformuliert (Neufassung siehe GVBl. S. 615 ff.), beinhaltet aber keine Änderung gegenüber dem bisherigen Rechtszustand (siehe auch § 4 III Nr. 4 VwVG neu!)
a) Es muss ein wirksamer, d. h. nicht nichtiger Verwaltungsakt vorliegen, §§ 1 Abs. 1 und 2 Satz 1 SVwVG (25) Verwaltungsakt i. S. des § 35 Satz 1 VwVfG (die Tatbestandsmerkmale des § 35 Satz 1 VwVfG einschl, der Frage der Regelung sind hier unproblematisch gegeben und müssen nicht weiter erläutert werden) war die Aufforderung des Polizisten an Herrn Müller, das Fahrzeug aus der Gefahrensituation zu entfernen. Dieser Verwaltungsakt kann gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 VwVfG auch mündlich erlassen werden und erlangte Wirksamkeit durch Bekanntgabe an Herrn Müller, § 41 Abs. 1 Satz 1 VwVfG (26).

b) Es muss sich gemäß § 2 Satz 1 Nr. 1 SVwVG um einen Verwaltungsakt handeln, der entweder zu einer Zahlung oder zu einer sonstigen Handlung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet. Bei der Aufforderung, das Fahrzeug wegzufahren, handelte es sich darum, dass Müller eine Handlung vornehmen sollte.

c) Schließlich muss es sich nach § 2 Satz 1 Nr. 2
SVwVG um einen Verwaltungsakt handeln, der entweder unanfechtbar geworden ist, oder ein gegen ihn gerichteter Rechtsbehelf hat kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung oder die Behörde hat die sofortige Vollziehung des Verwaltungsaktes angeordnet.

aa) Unanfechtbar ist ein Verwaltungsakt, wenn gegen ihn keine formellen Rechtsbehelfe mehr eingelegt werden können; damit erlangt der Verwaltungsakt zugleich die formelle Bestandskraft (27). Müller kann gegen die mündliche Anordnung des Polizeibeamten Widerspruch erheben. Da der Polizeibeamte Schmitt wenige Minuten nach dem Gespräch mit Müller die Abschleppmaßnahme veranlasste, war der Verwaltungsakt (mündliche Aufforderung zum Entfernen des Fahrzeugs) noch nicht unanfechtbar, es ist keine Bestandskraft eingetreten.

bb) Eine weitere Möglichkeit, einen Vollstreckungstitel zu erlangen, ist dann gegeben, wenn ein Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung entfaltet. Es handelt sich u. a. um die in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1-3 VwGO behandelten Fälle, zu beachten ist auch die Sonderregelung des § 11 SVwVG (28). Hier liegt der Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwGO, nämlich eine unaufschiebbare Maßnahme eines Polizeivollzugsbeamten, vor; ein Vollstreckungstitel ist somit gegeben.

cc) Der Vollständigkeit halber muss noch (als letzte Möglichkeit, in den Besitz eines Vollstreckungstitels zu gelangen) der Fall der Anordnung der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes genannt werden (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO), wobei die Formerfordernisse des § 80 Abs. 3 VwGO nicht übersehen werden dürfen (29). Dieser Fall scheidet deshalb bei einem mündlich bekannt gegebenen Verwaltungsakt aus.

Da hier bereits unter bb) ein Vollstreckungstitel bejaht werden konnte (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwGO), spielt dieses Problem hier keine Rolle.

d) Es genügt, dass ein wirksamer, also nicht nichtiger Verwaltungsakt vorliegt, denn auch rechtswidrige Verwaltungsakte können vollstreckt werden (30).

e) Als Ergebnis ist abschließend festzuhalten, dass ein Vollstreckungstitel vorliegt (mündliche Aufforderung des Polizeibeamten an Müller, sein Fahrzeug zu entfernen). Das ist konkret der der Vollstreckung in Form der Ersatzvornahme vorausgegangene Grund-Verwaltungsakt (31) als Maßnahme i. S. der polizeirechtlichen Gefahrenabwehr (32),

11.
Nunmehr muss noch geprüft werden, auf welcher Rechtsgrundlage dieser Grund- Verwaltungsakt beruhte. Denn die Aufforderung des Polizeibeamten zum Wegfahren des Fahrzeugs (als Grund- Verwaltungsakt) ist ein belastender Eingriff in die Rechtssphäre des Müller (Art. 2 GG) und bedarf wegen des Gesetzesvorbehalts einer Rechtsgrundlage (33). Eine Kostenerstattung kommt nämlich nur dann in Betracht, wenn das polizeiliche Vorgehen, das zum Entstehen der Kosten geführt hat, rechtmäßig war (34).

a) Da eine sonderrechtliche Regelung nicht vorliegt (35).ist die Polizei in der Lage, bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Abs. 1 des
Sächsischen Polizeigesetzes (Generalklausel) eine Maßnahme zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit zu treffen, nämlich die Aufforderung zum Wegfahren des Fahrzeuges.

b) formelle Rechtmäßigkeit

aa) Zuständigkeit: Nach § 60 Abs. 2 SPo1G durfte der Polizeivollzugsbeamte hier tätig werden (und den der Vollstreckung vorausgehenden sog. GrundVerwaltungsakt, siehe oben unter 9, erlassen), da ein sofortiges Tätigwerden erforderlich war (Gefahr im Verzug).

bb) Form: Gemäß § 37 Abs. 2
VwVfG kann der Verwaltungsakt auch mündlich erlassen werden.

cc) Verfahren: Ein Verstoß gegen Verfahrensvorschriften ist nicht ersichtlich, es handelte sich (siehe 9 c, bb) um einen Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr.2 VwGO (unaufschiebbare Maßnahme eines Polizeivollzugsbeamten).

c) materielle Rechtmäßigkeit

aa) Zum Tatbestandsmerkmal der öffentlichen Sicherheit i. S. des § 3 Abs. 1 SPo1G gehört auch die Unversehrtheit der Rechtsordnung, wobei i. d. R. eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit angenommen wird, wenn eine strafbare Verletzung dieses Schutzgutes droht. (36). Bereits im Normverstoß liegt eine Störung der öffentlichen Sicherheit (37), konkret liegt ein Verstoß gegen § 1 StVO vor (38).

bb) Nach Bejahung des Tatbestandes der Generalklausel (Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder deren Störung) ist nunmehr die Rechtsfolge »kann« zu prüfen, d. h. Ermessen i. S. des § 3 Abs. 2 bis 4 SPo1G (Verhältnismäßigkeit, Geeignetheit, Erforderlichkeit usw.) (39).

Der vorliegende Fall bereitet bei der Prüfung der Rechtsfolge keine besonderen Probleme. Das Fahrzeug ist in einer unübersichtlichen Kurve abgestellt, der Fahrer »muss« wegen der Gefahrenlage das Fahrzeug unverzüglich wegfahren und wurde entsprechend aufgefordert (40).

cc) Störer ist hier der Fahrzeugführer, Herr Müller, als Handlungsstörer (§ 4 SPo1G). Dass er daneben möglicherweise auch noch als Halter des Fahrzeugs Zustandsstörer (§ 5 SPo1G) sein kann, ist hier nicht zu problematisieren.

12. Abschließend ist noch die Verhältnismäßigkeit der Vollstreckungsmaßnahme zu prüfen, § 19 Abs. 3, Abs. 4
SVwVG. Denn ein bloßer Verstoß gegen Vorschriften der StVO rechtfertigt nicht ohne weiteres das Vorgehen im Verwaltungszwang, da dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Verfassungsrang zukommt. »Keinem Zweifel unterliegt andererseits, dass ein Abschleppen verbotswidrig abgestellter Fahrzeuge im Falle der Behinderung von anderen Verkehrsteilnehmern geboten erscheint.« (41). Insoweit bereitet der vorliegende Fall keine besonderen Probleme. Das Fahrzeug ist in einer unübersichtlichen Kurve abgestellt; der Fahrer hat sich geweigert, der Aufforderung zur Entfernung des Fahrzeuges Folge zu leisten. Demnach kommt zur Beseitigung der konkreten Gefahrenlage nur das Abschleppen des Fahrzeuges in Betracht.
13. Da die Aufforderung zum Wegfahren (Verwaltungsakt) rechtmäßig war und Müller der Aufforderung nicht nachkam, konnte das Fahrzeug im Wege der Ersatzvornahme abgeschleppt werden; ein Vollstreckungstitel lag vor. Demnach muss Müller die Kosten der Ersatzvornahme gemäß § 24 Abs. 3 SVwVG tragen.

Anmerkung:

Zum Vollstreckungsverfahren siehe den in der Verwaltungsrundschau veröffentlichten Aufsatz

Fälle zum Verwaltungsvollstreckungsverfahren

 

Fallgestaltung II

Dieser Fall entspricht grundsätzlich Fall 1.

Müller hat sein Fahrzeug in der Kurve abgestellt und entfernt sich. Erst nach 30 Minuten kommt der Polizist Schmitt vorbei und sieht wegen der Gefahrenlage keine andere Möglichkeit, als das Fahrzeug abzuschleppen, da Müller nicht anwesend ist. Anschließend ergeht auch hier ein Kostenbescheid über 200 DM an Müller (42).

1. Rechtsgrundlage für die Kostenforderung ?

Es wird grundsätzlich auf die Prüfung bei der Fallgestaltung 1 verwiesen, d. h., konkret wird auch hier geprüft. ob als Rechtsgrundlage für die Kostenforderung § 24 Abs. 3 SVwVG in Betracht kommt. Dabei bereiten die Prüfungspunkte 1-7 keine Probleme (bei Ziffer 7, Androhung der Ersatzvornahme, kann mit § 21 SVwVG auf eine Androhung verzichtet werden).

a) Problematisch wird es bei Punkt 9 der Prüfung, nämlich bei der Frage, ob ein
Vollstreckungstitel zum Zeitpunkt des Abschleppvorgangs vorlag. Im konkreten Fall gab es im Unterschied zur Fallgestaltung I kein »Gespräch« zwischen dem Polizeibeamten und Herrn Müller. also auch keine Aufforderung zum Wegfahren des Fahrzeugs. Fraglich ist deshalb die Existenz eines Vollstreckungstitels (der einen Verwaltungsakt voraussetzt) zum Zeitpunkt der Anordnung der Abschleppmaßnahme durch den Polizeibeamten.

b) Es muss ein wirksamer Verwaltungsakt vorliegen, und zwar konkret ein gegenüber Herrn Müller wirksamer Verwaltungsakt, §§ 35 Satz 1, 41 Abs. 1 Satz 1 VwVfG. Ein Verwaltungsakt mit Regelungswirkung liegt jedoch nicht vor ( 43) zumindest fehlt es an einer Bekanntgabe gegenüber Müller und somit an der Wirksamkeit eines (adressatlosen !) Verwaltungsaktes (44).

c) Demnach liegt hier zwar eine polizeiliche Maßnahme vor, jedoch nicht in Form eines Verwaltungsaktes. sondern eines
Realaktes (45), sog. schlicht hoheitliches Handeln der Behörde

2. Wegen des Fehlens eines Grund-Verwaltungsaktes (im Gegensatz zur Fallgestaltung I) liegt ein Vollstreckungstitel nicht vor. Demnach kann auch keine Ersatzvornahme in dem Abschleppvorgang gesehen werden (46) , weshalb § 24 Abs. 3 SVwVG als Rechtsgrundlage für die Kostenforderung ausscheidet.

3. Folglich ist jetzt § 6 Abs. 2
SPolG als Rechtsgrundlage zu prüfen (47). Zuständig zum Erlass des Leistungsbescheides ist die Behörde. die die unmittelbare Ausführung angeordnet hat (47).

4. Die Anwendung des § 6 Abs. 2 SPoIG setzt voraus, dass die Tatbestandsmerkmale des § 6 Abs. 1 Satz 1 SPoIG (unmittelbare Ausführung einer Maßnahme) vorliegen, insbes. ist auch hier, wie bei der Ersatzvornahme, das auf Erstattung der Kosten einer unmittelbaren Ausführung gerichtete Leistungsbegehren der Polizei davon abhängig. dass die zugrunde liegende polizeiliche Maßnahme ihrerseits rechtmäßig ist (49).

a) Ein Rückgriff auf die unmittelbare Ausführung ist aber nur dann möglich, wenn die Gefahr oder Störung durch eine Verfügung gegenüber dem Verantwortlichen (Störer) und evtl. nachfolgender Vollstreckung nicht rechtzeitig abgewendet werden kann. Liegt demnach eine vollstreckbare Grundverfügung (Vollstreckungstitel, siehe I 9) vor, deren Vollzug die Gefahr für die öffentliche Sicherheit in effektiver Weise beseitigt, ist das Rechtsinstitut der unmittelbaren Ausführung einer Maßnahme nicht anwendbar (50).

Insoweit kann man das Rangverhältnis zwischen einer Maßnahme der Polizei mittels Verwaltungsakt und mittels unmittelbarer Ausführung auch unter dem verfassungsrechtlich vorgegebenen Verhältnismäßigkeitsprinzip sehen (51). Vorrangig steht die Möglichkeit für den Störer, den polizeiwidrigen Zustand selbst (nach Aufforderung i. S. eines Verwaltungsaktes zu beseitigen, evtl. unter dem Einsatz von nachfolgenden Vollstreckungsmaßnahmen (52). Nur wenn die Voraussetzungen für eine Ersatzvornahme nicht vorliegen, kommt die Handlungsform der "unmitteIbaren Ausführung einer Maßnahme" in Betracht (53). Vollstreckt dagegen die Behörde einen Verwaltungsakt, kommt die Handlungsform der unmittelbaren Ausführung nicht in Betracht (54).

b) Weiterhin zeigt die systematische Stellung des § 6
SPolG (nach dem Handlungs- und Zustandsstörer, §§ 4 und 5, aber vor dem »Nichtstörer» gemäß § 7), dass durch die unmittelbare Ausführung die Inanspruchnahme eines Nichtbeteiligten vermieden werden soll. Außerdem darf der »Unbeteiligte» gemäß § 7 SPolG nur in Anspruch genommen werden, wenn »die eigenen Mittel der Polizei nicht ausreichen» (Abs. 1 Z. 1) oder »durch Maßnahmen nach den §§ 4 - 6 ein Schaden herbeigeführt würde, der erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg steht». Das Gesetz legt somit fest, dass die »unmittelbare Ausführung einer Maßnahme» vor der Inanspruchnahme des Nichtstörers zu prüfen ist (55).

c) Demnach ist die Prüfungsreihenfolge (siehe Fall I, 2) derart, dass § 24 Abs. 3 SVwVG vor § 6 Abs. 2 SPolG zu prüfen ist, gleichsam rechtlich vorgeschrieben und zwingend einzuhalten.

5. Liegen die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 SPolG im konkreten Fall vor? (56)

a) Zuständigkeit für die unmittelbare Ausführung ( 57): Zuständig ist die Polizei, konkret die Vollzugspolizei (siehe Fall I).

b) polizeilicher Zweck: Hier ist, wie ganz allgemein im Polizeirecht (Eingriffsverwaltung), nach einer Rechtsgrundlage für die polizeiliche Tätigkeit zu suchen. Denn § 6 Abs. 1 SPolG ist selbst keine Ermächtigungsgrundlage für eine polizeiliche Maßnahme (58).

Entweder findet sich eine Spezialregelung (§ 3 Abs. 1, 2. Halbsatz SPolG) oder die Generalklausel ist anzuwenden, § 3 Abs. 1 SPolG (59). Hierbei stellt sich nicht die Frage, ob ein Verwaltungsakt vorliegt (60).

aa) Mangels Vorliegen einer sonderrechtlichen Regelung ist von der Generalklausel auszugehen.

bb) Formelle Rechtmäßigkeit: Auch hier bestehen, wie im Fall I, keine Bedenken, insbes. ist die Zuständigkeit gegeben.

cc) Tatbestand: Es muss eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit (oder Ordnung) vorliegen.

Das Fahrzeug steht in einer gefährlichen Kurve; es liegt zumindest ein Verstoß gegen § 1 StVO vor (objektive Rechtsordnung, der Verstoß ist sogar eine Ordnungswidrigkeit gem. § 49 StVO). Auch das Tatbestandsmerkmal der Gefahr ist gegeben, da es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu Unfällen kommen wird, wenn die Gefahrenlage nicht beseitigt wird (61).

dd) Rechtsfolge: Auch hier sind gem. § 3 Abs. 2 bis 4
SPolG Verhältnismäßigkeit, Erforderlichkeit und Geeignetheit der Abschleppmaßnahme zu prüfen. Wie bei der Fallgestaltung I kann auch hier nur das Abschleppen selbst die Gefahrenlage beseitigen, zumal das Fahrzeug bereits 30 Minuten dort stand (62).

c) Maßnahmen gegen die in den §§ 4 und 5 SPolG bezeichneten Personen (Störer) sind nicht oder nicht rechtzeitig möglich:

Entweder ist der Verantwortliche (Störer) im Moment der Gefahrenabwehrmaßnahme nicht bekannt oder er ist bekannt, aber nicht oder nicht rechtzeitig erreichbar (63). In beiden Fällen kann ein Verwaltungsakt gegenüber dem Störer nicht ergehen, weshalb eine Vollstreckungsmaßnahme ausscheidet, da ein Vollstreckungstitel fehlt, siehe Fall I, 9 (64). Eigentlich wäre es Sache des Störers gewesen, die Gefahr abzuwenden. Seine unmittelbare Inanspruchnahme war nur aufgrund der faktischen Gegebenheiten nicht realisierbar (65) oder der Betroffene ist wegen der Dringlichkeit der zu treffenden Maßnahme nicht rechtzeitig erreichbar. (66)

Das OVG Frankfurt (67) betont, dass es »der Behörde freistehe, die für erforderlich gehaltenen Maßnahmen durch Verwaltungsakt anzuordnen und dann ggf. im Wege der Verwaltungsvollstreckung durchzusetzen, etwa wenn der Verantwortliche anwesend oder leicht ermittelbar ist und genügend Zeit für den Erlass eines Verwaltungsaktes mit sich erforderlichenfalls anschließender Verwaltungsvollstreckung bleibt«.

6. Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2
SPolG ist der Betroffene von der Maßnahme unverzüglich zu unterrichten ( 68). Auch diese Regelung spricht dafür, dass das Gesetz vom Fehlen eines vorherigen, also vor der Durchführung der unmittelbaren Ausführung ergangenen Verwaltungsaktes ausgeht (69). Denn eine nachträgliche Unterrichtung macht in den Fällen eines vorausgegangenen (und dem Adressaten bekannt gegebenen) Verwaltungsaktes keinen Sinn.

7. Da somit eine rechtmäßige »unmittelbare Ausführung« vorliegt (70), besteht die Möglichkeit der Kostenerhebung gemäß § 6 Abs. 2 SPolG gegenüber Müller als Handlungsstörer (71). Selbst wenn die Durchführung der unmittelbaren Ausführung rechtmäßig war, muss dennoch in jedem Falle noch geprüft werden, ob die Kosten überwälzt werden können, wobei dies im Regelfall zu bejahen ist (72).

8. Im Ergebnis ist festzustellen, dass Müller gemäß § 6 Abs. 2 SPolG zur Kostentragung verpflichtet ist.
9. Anzumerken ist noch, dass der Störer auch die Kosten einer sog. Leerfahrt tragen muss (bevor das Abschleppfahrzeug eintrifft, wird das Kraftfahrzeug vom Fahrer entfernt, sodass sich die Abschleppmaßnahme erledigt hat), wenn der Auftrag zum Abschleppen zu einem Zeitpunkt erteilt wurde, als die durch das verbotswidrige Abstellen des Fahrzeuges aufgetretene Störung noch andauerte (73).

Fallgestaltung III
Das Fahrzeug des Fahrers und Halters Meier aus Hamburg wird in einer uneingeschränkten Halteverbotszone mit dem Zusatzschild »Einsatzfahrzeuge der Polizei frei« abgestellt (Verkehrszeichen 283); außerdem wurden zwei Einsatzfahrzeuge der Polizei behindert.

Meier entfernt sich von seinem Fahrzeug. Nach 10 Minuten kommt der Polizeibeamte Wagner zu dem abgestellten Fahrzeug und lässt dies anschließend abschleppen, da durch das Abstellen des Fahrzeugs auch zwei Einsatzfahrzeuge der Polizei behindert wurden (74).

Anschließend ergeht ein Kostenbescheid an Meier in Höhe von 200 DM.

Rechtsgrundlage für die Forderung?

1. Infrage kommt hier wiederum § 24 Abs. 3
SVwVG, wenn es sich bei der Abschleppmaßnahme um eine Vollstreckung in Form der Ersatzvornahme handelt. Insoweit kann auf Fall I, 1 - 6, verwiesen werden.

2. Zuständigkeit: Zu beachten ist hier, dass es sich um eine Ersatzvornahme durch die Vollzugspolizei handelte. Nach § 44 Abs. 1 StVO sind aber die Straßenverkehrsbehörden (Polizeibehörden i. S. des § 64 Abs. 1 Satz 3 SPolG , auch untere Verwaltungsbehörden genannt) für die Aufstellung von Verkehrszeichen zuständig, und somit sind auch diese Polizeibehörden Vollstreckungsbehörden (§ 4 Abs. 1 SVwVG). Insoweit ist hier mit der sog. Eilkompetenz der Vollzugspolizei nach § 60 Abs. 2 SPolG zu arbeiten und die Zuständigkeit der Vollzugspolizei zu bejahen.

3. Wie im Falle 1 kann auch hier auf die Androhung der Ersatzvornahme verzichtet werden, da eine eindeutige Gefahrenlage vorliegt, § 21 VwVG (76).

4. Der erforderliche
Vollstreckungstitel ist das Verkehrszeichen 283 gemäß § 41 Abs. 2 Nr. 8 StVO.

a) Zuständig zum Aufstellen der Verkehrszeichen ist die untere Verwaltungsbehörde, §§ 3 Abs. 3 SGemO, 2 Abs. 3 SLKrO, das ist die Straßenverkehrsbehörde gemäß § 44 Abs. 1 StVO.

b) Dieses Verkehrszeichen enthält das Gebot, bei verbotswidrigem Halten alsbald wegzufahren, und stellt einen Verwaltungsakt in Form der Allgemeinverfügung (§ 35 Satz 2 VwVfG) dar, der in entspr. Anwendung des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwGO (unaufschiebbare Maßnahme eines Polizeivollzugsbeamten) sofort vollziehbar und nach den Vorschriften des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes mit Zwangsmitteln durchzusetzen ist (77). Das im Verkehrsschild enthaltene Wegfahrgebot ist auch gegenüber Meier als Fahrer wirksam geworden. Denn ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird (§ 43 Abs. 1 VwVfG). Ein Verkehrsteilnehmer wird von einem Verkehrszeichen betroffen, und es wird ihm gegenüber bekannt gegeben, wenn er sich dem Verkehrszeichen gegenübersieht (78).

c) Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob das Verkehrszeichen rechtmäßig aufgestellt war (79), denn die Rechtmäßigkeit des der Vollstreckung vorausgegangenen Grund-Verwaltungsaktes ist keine Vollstreckungsvoraussetzung, d. h. auch rechtswidrige Verwaltungsakte können vollstreckt werden (80).

d) Als Ergebnis steht fest, dass ein
Vollstreckungstitel vorlag (Verkehrszeichen 283) mit der in diesem Verkehrszeichen enthaltenen Aufforderung, bei verbotswidrigem Halten alsbald wegzufahren.

5. Rechtsgrundlage für den Abschleppvorgang (siehe Fall I, 11) (81):

a) Da eine besondere Rechtsgrundlage für das Abschleppen von Kraftfahrzeugen nicht existiert, ist die Polizei berechtigt, aufgrund der Generalklausel des § 3 Abs. 1 SPolG eine Maßnahme zur Gefahrenabwehr einzuleiten, d. h. konkret, das Fahrzeug abzuschleppen.

b) Das Abstellen des Fahrzeuges im Halteverbot ist ein Verstoß gegen § 41 Abs. 2 Nr. 8 StVO und stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, § 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO (82). Der Tatbestand der Generalklausel liegt vor, da die konkrete Behinderung der Einsatzfahrzeuge der Polizei eine Störung der öffentlichen Sicherheit mit fortwirkender Gefahr bedeutet, die nur durch sofortiges Entfernen des verkehrswidrig geparkten Fahrzeuges beseitigt werden konnte (83). Wird ein Kfz unter Verstoß gegen verkehrsrechtliche Vorschriften auf öffentlichem Straßengrund abgestellt, wird man stets eine Gefahr im polizeirechtlichen Sinne annehmen können, da in dem Verstoß gegen verkehrsrechtliche Normen immer eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit liegt (84).

Der Tatbestand des § 3 Abs. 1
SPolG ist demnach zu bejahen.

c) Rechtsfolge (§ 3 Abs. 2 bis 4 SPolG):): Grundsätzlich wird auf die Ausführungen zu I, 11 verwiesen. Die (von der Rspr. entwickelte) in dem Halteverbotsschild enthaltene Aufforderung, alsbald wegzufahren, ist unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten nicht zu beanstanden.

d) Störer: Herr Meier ist Handlungsstörer, § 4 SPolG, daneben aber als Halter des Fahrzeugs auch noch Zustandsstörer gemäß § 5 SPolG.

6. Abschließend ist noch die Verhältnismäßigkeit der Vollstreckungsmaßnahme an sich, also der Ersatzvornahme (85), zu prüfen, § 19 Abs. 3, 4 SVwVG (siehe Fall 1, 12). Denn gerade bei den Verkehrszeichenfällen legt die Rspr. großen Wert auf entsprechende Erwägungen (86). Die Rspr. prüft insbesondere die negative Vorbildwirkung verbotswidrigen Parkens für andere Kraftfahrer und verneint i. d. R. einen Verstoß gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip. Eine Ausnahme komme nur in Betracht, wenn ein Fahrzeug nur für kurze Zeit verbotswidrig geparkt werden oder der Fahrer ohne Schwierigkeiten festgestellt und zur Beseitigung des verbotswidrigen Parkens veranlasst werden kann oder wenn aufgrund der örtlichen Verhältnisse ein ver botswidriges Parken in der Nähe faktisch unmöglich ist und eine negative Vorbildwirkung deshalb nicht zu befürchten sei (87). »Angesichts des auswärtigen Kennzeichens (des Fahrzeugs) waren insbesondere Maßnahmen zur Ermittlung des Halters nicht angezeigt.« (88). Geboten erscheint jedenfalls ein Abschleppen verbotswidrig abgestellter Fahrzeuge im Falle der Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer, z. B. bei einem Verstellen des gesamten Bürgersteigs oder einem Hineinragen des Fahrzeugs in die Fahrbahn, aber auch bei Funkionsbeeinträchtigungen einer Fußgängerzone oder bei rechtswidrigem Parken auf einem Schwerbehindertenparkplatz, in Feuerwehranfahrtzonen oder auch beim Abschleppen zur Verhinderung von Straftaten (89). Ein mehrstündiges Parken im Bereich eines eingeschränkten Halteverbots rechtfertigt eine Abschleppmaßnahme (90), ebenso, wenn ein Fahrzeug mehr als eine Stunde unter Verstoß gegen die von einem Parkscheinautomaten ausgehende Anordnung, nur mit einem Parkschein zu parken, steht (91).

7. Ergebnis: Rechtsgrundlage für die Kostenforderung ist § 24 Abs. 3
SVwVG, wobei auch hier die Rspr. Erwägungen zur Zumutbarkeit und Verhältnismäßigkeit der Kostenforderung anstellt (92); angesichts der vorgenannten Darlegungen im konkreten Fall ergeben sich aber keine Bedenken

Fallgestaltung IV

Das Fahrzeug des Herrn Meier wird wie in Fall III abgestellt.

Nachdem ein Kostenbescheid an Herrn Meier geht, teilt dieser der Behörde mit, er habe das Fahrzeug an jenem Tage seiner Schwester überlassen. Daraufhin fordert die Behörde die Schwester des Herrn Meier zur Zahlung auf. Die Schwester lehnt die Zahlung mit dem Hinweis ab, sie habe das Fahrzeug am fraglichen Tag einem nahen Angehörigen überlassen, dessen Name sie aber nicht nennen wird. Daraufhin fordert die Behörde Herrn Meier erneut zur Zahlung der Abschleppkosten auf (93).

Rechtsgrundlage für die Forderung?

1. In Betracht kommt § 24 Abs. 3 SVwVG.

2. Zur weiteren Prüfung kann auf die Fallgestaltung III, 1-3, verwiesen werden.

3. Im konkreten Fall stellt sich die Frage nach dem
Vollstreckungstitel gegenüber Herrn Meier. Ein Vollstreckungstitel liegt vor, wenn Herr Meier Adressat eines Verwaltungsaktes war. Dies könnte, wie im Falle III, das Verkehrsschild gewesen sein. Dann müsste Herr Meier Verkehrsteilnehmer gewesen sein (§ 1 StVO), was jedoch hier ausscheidet, da nach den unwiderlegten Angaben des Herrn Meier nicht er, sondern eine andere Person das Fahrzeug geführt und am konkreten Ort, von dem es später abgeschleppt wurde, abgestellt hat.

"Im Verhältnis zu dieser unbekannten Person ist die Abschleppmaßnahme eine Ersatzvornahme (siehe Fall III) auf der Grundlage des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes. Mangels vorausgehenden Verwaltungsaktes gegenüber dem Kläger (Herrn Meier) stellt sich diese Maßnahme ihm gegenüber als unmittelbare Ausführung dar. (94)

4. Da gegenüber dem Halter Meier eine Ersatzvornahme nicht vorlag, scheidet § 24 Abs. 3 SVwVG als Anspruchsgrundlage für die Kostenforderung aus.

Wegen der weiteren Prüfung kann auf die Ausführungen zu Fall II, 3-7 verwiesen werden, insbes. liegen die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1
SPolG vor.

5. Störer ist im konkreten Fall Meier, und zwar nicht als Handlungsstörer, sondern als Zustandsstörer gemäß § 5 SPolG. Er ist Eigentümer des störenden Fahrzeuges und haftet für den störenden Zustand der Sache Fahrzeug. Dabei ist unerheblich, ob der Eigentümer die Gefahr, die von seiner Sache ausgeht, selbst verursacht oder gar verschuldet hat, denn die Verantwortlichkeit beruht auf seiner Sachherrschaft. Die Zustandshaftung besteht auch, wenn wie in diesem Falle, der Fahrzeugeigentümer nicht weiß, wo sich sein Fahrzeug befindet. Diese Unkenntnis befreit nicht von seiner Zustandshaftung (95).

6. Im Ergebnis erweist sich auch hier, wie in Fall II, § 6 Abs.2 SPolG als zutreffende Rechtsgrundlage für die Forderung nach den Abschleppkosten.

Fallgestaltung V

Herr Hartmann ist Halter eins Kraftfahrzeugs. Er stellt dieses am 27. 4. 1992 auf einer öffentlichen Straße in X ab. Anschließend begab er sich zu einem mehrwöchigen Aufenthalt in ein Krankenhaus. Am 12. 5. 1992 stellt die Stadt X zur Vorbereitung eines Straßenfestes in dem betreffenden Straßenabschnitt mobile Halteverbotsschilder auf (Zeichen 283). Am 16.5.1992 veranlaßt die Stadt X, dass das Fahrzeug abgeschleppt wird. Herr Hartmann holt sein Fahrzeug am 21.5.1992 gegen Zahlung von 175, 56 DM ab und verlangt anschließend von der Stadt X die Erstattung des Betrages (96).

Rechtsgrundlage für die Rückzahlungsforderung?

1. Vorab ist zu prüfen, welche Anspruchsgrundlage Hartmann für die Rückzahlungsforderung in Anspruch nehmen kann (97).

2. In Betracht kommt ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch (98), wobei es sich darum handelt, dass eine mit der Rechtsordnung nicht mehr übereinstimmende Vermögenslage ausgeglichen wird. Es handelt sich um eine rechtsstaatlich gebotene (Art. 20 Abs. 3 GG) Rückabwicklung bei Rechtsgrundlosigkeit, (99) denn rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen müssen rückgängig gemacht werden, auch wenn es an einer spezialgesetzlichen Regelung fehlt (100).

Herr Hartmann hat vorgetragen, er habe sein Fahrzeug rechtmäßig abgestellt, weswegen es nicht hätte abgeschleppt werden dürfen. Denn ein rechtswidriges Abschleppen könne keine Kostenforderung der Behörde begründen und deshalb habe er Anspruch auf die Erstattung des bereits gezahlten Betrages (101).

3. Deshalb ist zu prüfen, ob das Abschleppen des Fahrzeugs in der konkreten Situation rechtmäßig war.

4. Das Abschleppen könnte die Behörde als Ersatzvornahme durchgeführt haben; ein Anspruch auf Ersatz der entspr. Kosten zugunsten der Behörde ergibt sich dann aus § 24 Abs. 3 SVwVG. Somit ist jetzt die Rechtmäßigkeit der Vollstreckungsmaßnahme in Form der Ersatzvornahme (§ 24 Abs. 1 SVwVG) zu prüfen. Da es sich um einen »Verkehrszeichenfall« handelt, kann auf die Fallgestaltung III verwiesen werden.

a) Es stellt sich auch hier die Frage nach einem
Vollstreckungstitel gegenüber Herrn Hartmann, der zum Zeitpunkt des Abstellens des Fahrzeuges das Verkehrsschild nicht gesehen haben kann, da es erst Tage später aufgestellt wurde. Im Gegensatz zu Fall III (siehe dort unter 4.) fehlt es an einem gegenüber Herrn Hartmann bekannt gegebenen Verkehrszeichen (102) , ein Verwaltungsakt lag gegenüber Herrn Hartmann zum Zeitpunkt des Abstellens des Fahrzeuges nicht vor; er war nicht Adressat des Verkehrszeichens (siehe auch Fall IV).

b)
Demnach scheidet eine Ersatzvornahme wegen Fehlens eines Vollstreckungstitels gegenüber Herrn Hartmann aus; die Kostenforderung der Behörde kann nicht mit § 24 Abs. 3 SVwVG begründet werden.

5. Zwingend ist jetzt § 6 Abs. 2 SPoIG als Rechtsgrundlage für den Kostenanspruch der Behörde zu prüfen, wobei die Rspr. die grundsätzliche Rechtmäßigkeit der Abschleppmaßnahme als unmittelbare Ausführung bejaht (siehe Fall II). Besonderen Wert legt die Rspr. jedoch auf die Prüfung der Verhältnismäßigkeit bei der Frage, ob die Kosten tatsächlich auch von demjenigen, der das Verkehrsschild nicht sehen konnte, verlangt werden können (103).

6. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Fall V mit den bisher bekannten, in den Fällen 1 bis IV dargelegten Erwägungen und Begründungen zu einem sinnvollen Ergebnis gebracht werden konnte.

7.
Demgegenüber bejaht nunmehr das BVerwG (104) aber eine Ersatzvornahme !

Rechtsgrundlage für die entsprechende Kostenforderung ist dann, entgegen den bisherigen obigen Ausführungen, § 24 Abs. 3 SVwVG.

8. Unter Hinweis auf die bisher bekannte Rspr. stellt das BVerwG auf die Verwaltungsaktqualität des Halteverbotsschildes ab und betont die Bekanntgabefunktion, wobei die Bekanntgabe des Verkehrsschildes durch dessen Aufstellen als eine besondere Form der öffentlichen Bekanntgabe erfolge. Sind Verkehrszeichen so angebracht oder aufgestellt, dass sie ein durchschnittlicher Kraftfahrer bei der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt schon mit einem raschen und beiläufigen Blick erfassen kann, so äußern sie ihre Rechtswirkung gegenüber jedem von der Regelung betroffenen Verkehrsteilnehmer, gleichgültig, ob er das Verkehrszeichen wahrnimmt oder nicht. Das Halteverbot, in dem zugleich ein Wegfahrgebot liegt, ist gegenüber dem Kläger wirksam geworden (!). Obwohl er sich im Zeitpunkt der Aufstellung des Verkehrsschildes am 12. 5. 1992 ebenso wie im Zeitpunkt des behördlichen Einschreitens (hier: Abschleppen des Fahrzeugs) im Krankenhaus befand, war er Verkehrsteilnehmer und somit Adressat der durch das Verkehrszeichen getroffenen Anordnung.

Unerheblich ist demnach, ob der Betroffene das Verkehrszeichen tatsächlich wahrgenommen hat. Die Unmaßgeblichkeit der tatsächlichen Kenntnisnahme rechtfertige sich aus dem Grundprinzip des Straßenverkehrsrechts, eine eindeutige, regelmäßig für alle Verkehrsteilnehmer einheitliche Verkehrsregelung zu treffen. »Die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs lassen grundsätzlich eine Aufspaltung der Wirksamkeit von Verkehrszeichen für verschiedene Kreise von Verkehrsteilnehmern und Fahrzeugen nicht zu.«(105)

9. Folgt man dieser Rspr. des BVerwG, so handelt es sich um einen der bekannten »Verkehrszeichenfälle«, siehe die Fallgestaltung III; diese Auffassung ist nicht unumstritten (106).Demnach war das Abschleppen des Fahrzeugs rechtmäßig (als Ersatzvornahme), ein Erstattungsanspruch des Hartmann besteht nicht.

In Anwendung des § 6 Abs.1 SPolG wäre man hier zum gleichen Ergebnis gekommen (Anwendung des Bekanntgabebegriffes des VwVfG im Zusammenhang mit dem VA Verkehrszeichen, wobei hier eine Bekanntgabe fehlt), ohne einen besonderen Bekanntgabebegriff nach der StVO konstruieren zu müssen

Fallgestaltung VI

Das Fahrzeug des Herrn Kunz wurde abgeschleppt, da es ein auf einem als Privatparkplatz gekennzeichneten Stellplatz geparktes Fahrzeug blockierte und dessen Fahrer am Wegfahren hinderte.

Anschließend ergeht ein Kostenbescheid in Höhe von 150 DM an Herrn Kunz
.

Rechtsgrundlage für die Forderung? (107)

1. Wie sich aus den bisher dargelegten Fällen ergibt, kann die Forderung entweder auf § 24 Abs. 3 SVwVG oder § 6 Abs. 2 SPolG gestützt werden. Dies muss hier nicht mehr vertieft werden und insoweit bietet dieser Fall keine Neuigkeiten.

2. Zuständigkeit

Zu beachten ist § 2 Abs. 2
SPolG, der eine subsidiäre Zuständigkeit der Polizei vorsieht, wenn es um den Schutz privater Rechte geht. Der Schutz privater Rechte obliegt der Polizei nur auf Antrag des Berechtigten und nur dann, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und wenn ohne polizeiliche Hilfe die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert wird.

Im Falle des Urteils des OVG Koblenz ereignete sich der Vorfall sonntagmorgens gegen 4 Uhr, die gesetzlichen Voraussetzungen lagen vor.

3. Problematisch ist hier auch, ob zum Zeitpunkt des Abschleppens eine Gefahr oder Störung der öffentlichen Sicherheit vorlag. Bei der Blockade des Parkplatzes handelt es sich um die Einschränkung der Bewegungsfreiheit und Behinderung der ungestörten Nutzung des blockierten Fahrzeugs, wodurch subjektive Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen betroffen sind. Unerheblich ist dabei, ob die Blockade auch den Tatbestand der Nötigung (§ 240 StGB) erfüllt (Schutzgut der Unverletzlichkeit der Rechtsordnung). Es handelt sich um eine rechtswidrige Eigentums- und Besitzstörung gegenüber dem Fahrzeugführer/Halter des eingeparkten Fahrzeuges. Oftmals wird sogar der Tatbestand der Nötigung zu bejahen sein (108) Das OVG Saarlouis bejahte den Tatbestand der Nötigung und hatte deshalb keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Abschleppmaßnahme.

4. Die Polizei trifft aber Maßnahmen zum Schutz privater Rechte nur im Ausnahmefall (109).Deshalb sind hohe Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme zu stellen und im Einzelfall die entsprechenden Ausführungen zu machen.

Fallgestaltung VII

Das Fahrzeug von Frau Kurz wurde, ohne den Verkehr zu behindern, mit abgefahrenen Reifen auf öffentlicher Straße geparkt. Nachdem Beamte des Polizeivollzugsdienstes Frau Kurz nicht erreichen konnten, beschlagnahmten sie auf Anordnung der Polizeibehörde das Fahrzeug und ließen es abschleppen. Die Behörde verlangt von Frau Kurz Zahlung der Abschleppkosten (110).

Rechtsgrundlage für die Kostenforderung?

1. Da es sich hier nicht um einen »Verkehrszeichenfall« handelt und auch gegenüber Frau Kurz keine Aufforderung zum Wegfahren erging, kann nur § 6 Abs. 2 SPolG als Rechtsgrundlage in Betracht kommen. § 29 Abs. 1 Satz 3 SPolG betrifft ausdrücklich nicht den
Beschlagnahmefall.

2. Insoweit kann wegen der weiteren Prüfung auf Fall II, 3 ff. verwiesen werden.

3. Fraglich ist die konkrete Rechtsgrundlage für das polizeiliche Einschreiten in Form der Abschleppmaßnahme (siehe Fall II, 5). »Befindet sich ein Fahrzeug wegen nicht vorschriftsmäßiger Bereifung in einem nicht vorschriftsmäßigen Zustand, so kann die Straßenverkehrsbehörde dem Eigentümer oder Halter eine angemessene Frist zur Behebung der Mängel setzen und nötigenfalls den Betrieb des Fahrzeugs im öffentlichen Verkehr untersagen oder beschränken. Diese bundesrechtliche Normierung der Maßnahmen (nach der StVZO) dient ersichtlich dem Zweck, den Gefahren, die von solchen Fahrzeugen ausgehen können, zu begegnen. § 17 Abs. 1 StVZO schließt daher als spezialgesetzliche Regelung für seinen Anwendungsbereich den Rückgriff auf die polizeiliche Generalklausel aus. Gleiches gilt hinsichtlich der Beschlagnahme.« (111)

4. Da weder die Beschlagnahme noch das Abschleppen des Fahrzeuges rechtmäßig waren, scheidet § 6 Abs. 2
SPoIG als Rechtsgrundlage für die Kostenforderung aus (112).

Fallgestaltung VIII

Herr Schulze wendet sich gegen einen Leistungsbescheid, mit dem er zur Erstattung von Polizeikosten (Abschleppkosten und sog. Standgeld, d. h. Kosten, die durch das Abstellen von abgeschleppten Fahrzeugen auf gesichertem oder bewachtem Gelände anfallen) herangezogen wurde. Sein als gestohlen gemeldetes Fahrzeug war von der Polizei in aufgebrochenem Zustand aufgefunden worden. Abgesehen von der beschädigten Stoßstange vorne rechts und der Manipulation am Türschloss war das Fahrzeug unbeschädigt.

Die Polizei ließ das Fahrzeug abschleppen und verwahren, auf dem Auftrag war vermerkt »Eigentumsschutz« (113). Herr Schulze trägt vor, das Fahrzeug sei schrottreif gewesen, weshalb eine Verwahrung nicht erforderlich gewesen sei.

Rechtsgrundlage für die Kostenforderung?

1. Auffällig ist, dass die Polizei das Fahrzeug hier in Verwahrung genommen hat. Es handelt sich nicht um den Fall, dass die Polizei das Fahrzeug nur "umgesetzt" hat, also auf einem anderen öffentlichen Parkplatz abgestellt hat. Bei den Fallgestaltungen I - VI handelte es sich dagegen um sog. Umsetzungen, es wird auch vom "Versetzen" des Fahrzeugs gesprochen (114).

2. Es könnte sich hier um eine Sicherstellung nach § 26 SPolG gehandelt haben. Dann ist Anspruchsgrundlage für den Kostenanspruch der Behörde § 29 Abs. 1 Satz 3 SPolG: »Entstehen der Polizei durch die Sicherstellung ... Kosten, so ist der Eigentümer oder der rechtmäßige Inhaber der tatsächlichen Gewalt zum Ersatz verpflichtet.«

3. Zuständigkeit

Gemäß § 60 Abs. 3
SPolG ist eine originäre Zuständigkeit der Vollzugspolizei gegeben.

4. Es müssen also die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 SPolG vorgelegen haben. Danach kann die Polizei eine Sache sicherstellen, wenn dies erforderlich ist, um den Eigentümer oder den rechtmäßigen Inhaber der tatsächlichen Gewalt vor Verlust oder Beschädigung der Sache zu schützen.

a) Es handelt sich hierbei um eine sog. Einzelmaßnahme (oder Standardmaßnahme) nach den §§ 18 ff. SPoIG, die gemäß § 3 Abs. 1, 2. Halbsatz, SPolG Vorrang vor der Generalklausel hat.

b) Wird eine Sicherstellung als spezielle Maßnahme bejaht, scheidet daneben eine Ersatzvornahme oder die unmittelbare Ausführung einer Maßnahme aus (115).

5. Der Tatbestand des § 26 Abs. 1 SPolG fordert, dass die Sicherstellung erforderlich war, um Herrn Schulze als Eigentümer des Fahrzeugs vor Verlust oder Beschädigung zu schützen.

Die genannten tatbestandlichen Voraussetzungen der Sicherstellung fordern eine Prognose, die auf der Grundlage der im Zeitpunkt der polizeilichen Entscheidung (Abschleppen) zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten zu treffen ist. Eine die Sicherstellung rechtfertigende Gefahrenlage hätte dann nicht vorgelegen, wenn

a) der Verlust oder die Beschädigung der Sache schon aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen gewesen wäre, oder

b) die Sache völlig wertlos oder von so geringem Wert gewesen wäre, dass der Berechtigte bei objektiver Betrachtungsweise kein Interesse an der Sicherstellung haben konnte, oder

c) wenn eine weniger einschneidende und dennoch ebenso wirksame Maßnahme wie die Sicherstellung ohne größeren Aufwand möglich gewesen wäre, wie beispielsweise die sofortige Benachrichtigung des Betroffenen oder bestimmte, einfach und gefahrlos zu treffende Sicherungsmaßnahmen an der Sache selbst.

Keiner dieser Fälle, in denen die Polizei von der Sicherstellung hätte absehen müssen, lag hier vor (116), insbesondere traf die Einlassung von Herrn Schulze, es habe sich um ein Schrottfahrzeug gehandelt, nicht zu.

6. Nachdem der Tatbestand zu bejahen ist, muss die Rechtsfolge »kann« geprüft werden, § 3 Abs. 2 bis 4
SPolG. Im konkreten Fall bestand für die Polizei keine andere Möglichkeit, das Eigentum des Herrn Schulz auf ebenso wirksame, aber weniger kostenträchtige Weise als durch das Abschleppen zu sichern. Insbesondere konnte die geöffnete (aufgebrochene) Tür des Wagens nicht mit einfachen, vor Ort zur Verfügung stehenden Mitteln hinreichend sicher verschlossen werden.

7. Die Polizei konnte also das Fahrzeug zum Zweck der Eigentumssicherung sicherstellen.

»Durch diese Sicherstellung kommt ein öffentlich-rechtliches Verwahrungsverhältnis zustande, wodurch für die Polizei Obhutspflichten entstehen. ... Daraus folgt, dass das Abschleppen des Fahrzeugs bereits ein Teil der anschließenden Verwahrung i. S. des § 29 Abs. 1 SPolG war" (117).

Da im konkreten Fall eine amtliche Verwahrung durch die Polizei mangels Platz ausschied, sind die Aufwendungen für die Verwahrung durch einen Dritten, z. B. Abschleppunternehmer, von Herrn Schulz zu tragen (§ 29 Abs. 1 Satz 2 SPolG).

8. Im Ergebnis ist Herr Schulz verpflichtet, die Kosten gemäß § 29 Abs. 1 Satz 3 SPoIG zu tragen (118).

Fallgestaltung IX

Im Oktober 1993 fand die Polizei in Zwickau das unverschlossene Wrack eines Pkw mit Unfallschaden im Frontbereich, zerstörten Armaturen sowie Innenausstattung sowie auslaufendem Öl und Benzin. Im Auftrage der Polizei wurde das Fahrzeug abgeschleppt und anschließend verschrottet. Der Abschleppunternehmer berechnete der Polizei für das Abschleppen, Verwahren und Verschrotten 682 DM.

Der Voreigentümer des Fahrzeuges teilte der Polizei mit, er habe das Fahrzeug im Juli 1989 an Frau Neumüller verkauft. Diese teilte der Behörde mit, dass das richtig sei, sie habe jedoch das Fahrzeug im Januar 1990 an zwei namentlich nicht bekannte Personen verkauft, auch läge ein schriftlicher Kaufvertrag nicht vor.

Mit einem auf § 6 Abs. 2 SPoIG gestützten Leistungsbescheid verlangte die Polizeibehörde daraufhin von Frau Neumüller Erstattung der an den Abschleppunternehmer gezahlten Kosten, und zwar Abschleppkosten in Höhe von 90 DM, Verwahrungskosten in Höhe von 336 DM und Verschrottungskosten in Höhe von 165 DM, jeweils zuzüglich MwSt. (119),

Ist Frau Neumüller zur Zahlung verpflichtet?

1. Das OVG Bautzen prüft vorab § 6 Abs. 2
SPolG und geht später noch auch § 29 Abs. 1 SPolG ein (siehe Fall VII).

2. Das Gericht sieht die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 SPolG (siehe Fall II, 4 ff.) als gegeben an (das OVG Bautzen bezeichnet konkret die »Entfernung des verkehrswidrig abgestellten Fahrzeuges« als Maßnahme auf Grundlage des § 6 Abs. 1 SPolG; der VGH Kassel bejaht einen Verstoß gegen § 16 Abs. 1 StVZO) und prüft dann, ob Frau Neumüller Störer war (siehe Fall II, 7.

Frau Neumüller muss die Kosten tragen, wenn sie entweder Zustandsstörer (§ 5 SPolG) oder Verhaltensstörer (§ 4 SPolG) war (120).

3. Frau Neumüller war zum Zeitpunkt der Abschleppmaßnahme weder Eigentümerin des Fahrzeugs noch übte sie die tatsächliche Sachherrschaft aus. Fest steht, dass sie das Fahrzeug bereits im Januar 1990 weiterveräußert hat. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang auch, ob sie ihre Anzeigepflicht nach § 27 Abs. 3 StVZO verletzt hat. Unstreitig hat es Frau Neumüller unterlassen, die Anschrift des Erwerbers der Zulassungsstelle mitzuteilen. Es ist aber nicht möglich, den Zustandsstörer auf der Grundlage eines vorangegangenen pflichtwidrigen Unterlassens zu bestimmen. Zwar liefern die Eintragungen beim Kraftfahrt-Bundesamt und der Zulassungsstelle Anhaltspunkte dafür, wer als Eigentümer oder Halter in Betracht kommt; Frau Neumüller konnte jedoch widerlegen, dass die Eintragungen den aktuellen Stand wiedergaben.

Frau Neumüller konnte deshalb nicht als Zustandsstörerin in Anspruch genommen werden.

4. Auch eine Inanspruchnahme als Handlungsstörerin (oder Verhaltensstörer, § 4 SPolG) scheidet aus. Zwar hat sie konkret ihre Anzeigepflicht verletzt und in diesem pflichtwidrigen Verhalten liegt zugleich eine Störung der öffentlichen Sicherheit.

Doch kann Frau Neumüller nach § 6 Abs. 2
SPolG zur Kostentragung nur dann herangezogen werden, wenn sie Verursacher nicht irgendeiner, sondern gerade der Gefahr oder Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung war, die durch die Polizei im Wege der unmittelbaren Ausführung nach § 6 Abs. 1 SPolG beseitigt wurde (Abschleppen). Nach der im Polizeirecht geltenden Theorie der unmittelbaren Verursachung war das pflichtwidrige Verhalten von Frau Neumüller (Unterlassen der Anzeige an die Zulassungsstelle) nicht ursächlich für die Störung (verkehrswidriges Abstellen des beschädigten Fahrzeuges). Deshalb kann allein eine Verletzung der Anzeigepflicht nicht die Heranziehung des Veräußerers (Frau Neumüller) als Verhaltensstörer für ein späteres verkehrswidriges Abstellen des Fahrzeugs durch den Erwerber begründen.

5. Auch die angefallenen Verwahrungskosten scheitern daran, dass Frau Neumüller weder Zustands- noch Verhaltensstörerin war.

6. Eine Erstattung nach § 29 Abs. 1 SPolG scheitert daran, dass Frau Neumüller, wie bereits ausgeführt, seit Januar 1990 weder Eigentümerin noch Inhaberin der tatsächlichen Gewalt über das Fahrzeug war.

7. Ebenso wenig geben § 6 Abs. 2 SPolG oder § 29 Abs. 3 SPoIG i. V. mit § 28 Abs. 3, 4 SPo1G der Polizeibehörde einen Anspruch auf Erstattung der Verschrottungskosten. Frau Neumül1er ist aus den genannten Gründen nicht "Betroffene" i. S. des § 28 Abs. 4 SPolG.

8. Zusammenfassend ist festzustellen, dass eine Rechtsgrundlage für eine Kostenforderung gegenüber Frau Neumüller nicht bestand.

9. Dagegen hat der VGH Mannheim (121) aus der dem Veräußerer nach § 27 Abs. 3 StVZO vorgeschriebenen Mitteilung an die Zulassungsstelle die Verhaltensverantwortlichkeit des Veräußerers hergeleitet.

C. Schadenersatzfragen

Im November 1984 geriet auf der Müllerstraße in Bielefeld ein Fahrzeug mit unbekanntem Fahrer von der Fahrbahn ab und blieb beschädigt im Straßengraben liegen. Der Polizeibeamte Huber nahm den Unfall auf und beauftragte den Abschleppunternehmer Zimmer mit der Bergung des Fahrzeugs.

Zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen und der Fa. Zimmer bestand eine schriftliche Vereinbarung, wonach die Vertragsfirma beauftragt war, »die durch den Polizeipräsidenten in Bielefeld im Stadtbereich wegzusetzenden Fahrzeuge einschließlich der darin und daran befindlichen Gegenstände abzuschleppen, unterzubringen, zu verwahren und zu pflegen«. Die Fa. Zimmer übertrug die Bergung dem bei ihr angestellten Fahrer Schnell, der sich mit einem Abschleppfahrzeug zur Unfallstelle begab. Nach mehreren gescheiterten Bergungsversuchen entschloss sich Schnell, das Fahrzeug mit einem am Abschleppwagen befestigten Stahlseil aus dem Graben zu ziehen. Während dieses Vorgangs näherte sich Frau Klein mit ihrem Pkw. Sie erreichte die Bergungsstelle, als sich das Abschleppfahrzeug auf der Gegenfahrbahn befand und ihre eigene Fahrbahnscite durch das schräg verlaufende Seil, das Abschlepp- und Unfallfahrzeug miteinander verband, versperrt war. Frau Klein fuhr, als der Polizeibeamte Huber noch mit der Sicherung der Bergungsstelle befasst war, gegen das gespannte Drahtseil, das ihr Fahrzeug beschädigte und sie selbst erheblich verletzte.

Frau Klein erhebt Klage und verlangt von Herrn Schnell und der Haftpflichtversicherung als Gesamtschuldner insbesondere Ersatz des Sachschadens und Schmerzensgeld (122).

1. Von Interesse ist hier nur die Klage gegen Herrn Schnell, nicht gegen die Haftpflichtversicherung. Es fällt auf, dass es nicht um Schadenersatzansprüche wegen Beschädigung des abgeschleppten Fahrzeuges geht, sondern ein am Abschleppvorgang überhaupt nicht beteiligter Verkehrsteilnehmer (Frau Klein) wird durch den Abschleppvorgang (zufällig) geschädigt.

2. Es handelt sich hier nicht um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit i. S. des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO, also keine Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte zur Entscheidung über die Klage. Vielmehr bestimmt sich die Zuständigkeit nach § 40 Abs. 2 Satz 1 VwGO, d. h. der ordentliche Rechtsweg ist gegeben (Zivilgerichte). Und so kam es zur letztinstanzlichen Zuständigkeit des Bundesgerichtshofes in der Revisionsinstanz.

3. Der BGH stellt klar, dass Herr Schnell nicht persönlich haften muss, wenn er bei der Durchführung des Bergungs- und Abschleppauftrags in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amts, also hoheitlich, gehandelt hat.

a) Wird dies bejaht, ist für die Amtspflichtverletzung des Schnell gemäß § 839 BGB die haftende Körperschaft verantwortlich (Haftungsverlagerung). Die öffentliche Hand kann dann auch Frau Klein nicht auf die persönliche Inanspruchnahme des Schnell als anderweitige Ersatzmöglichkeit i. S. des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB verweisen.

b) Wird eine Amtspflichtverletzung bejaht, dann haftet Schnell auch nicht nach § 18 StVG, denn die Ersatzpflicht des Kraftfahrzeugführers nach dieser Vorschrift wird als Verschuldenshaftung durch § 839 BGB verdrängt (123).

c) Nach Ansicht des BGH kommt neben dem Anspruch aus Amtshaftung gegen die öffentliche Hand eine persönliche Inanspruchnahme der Fa. Zimmer als Abschleppunternehmer nach § 823 BGB nicht in Betracht.

4. Der BGH prüft also hier die sog. Amtshaftung nach § 839 BGB i. V. mit Art. 34 GG.

a) Dann müsste der von der Polizei durch privatrechtlichen Vertrag mit der Bergung bzw. dem Abschleppen beauftragte Unternehmer wegen der Durchführung der polizeilich angeordneten Bergungs- und Abschleppmaßnahme in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes gehandelt haben (124).

b) Je stärker der hoheitliche Charakter der (dem Unternehmer) übertragenen Aufgabe in den Vordergrund tritt, je enger die Verbindung zwischen der übertragenen Tätigkeit und der von der Behörde zu erfüllenden hoheitlichen Aufgabe und je begrenzter der Entscheidungsspielraum des Unternehmers ist, desto näher liegt es, ihn als Beamten im haftungsrechtlichen Sinne anzusehen. Danach kann sich die öffentliche Hand jedenfalls im Bereich der Eingriffsverwaltung (wie hier: Polizeirecht) der Amtshaftung für fehlerhaftes Verhal#en ihrer Bediensteten grundsätzlich nicht dadurch entziehen, dass sie die Durchführung einer von ihr angeordneten Maßnahme (hier: Bergen und Abschleppen) durch privatrechtlichen Vertrag auf einen privaten Unternehmer überträgt.

c) Im Streitfall stellt sich die Anordnung, das Unfallfahrzeug zu bergen und abzuschleppen, und deren Durchführung materiell als polizeiliche Vollstreckungsmaßnahme in Gestalt einer Ersatzvornahme dar (125). Die Polizei hat damit im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (Generalklausel, § 3 Abs. 1 SPolG) eine Aufgabe übernommen, deren Erfüllung an sich dem Eigentümer und Fahrer des Fahrzeugs oblag. Sie hat also ein hoheitliches Zwangsmittel zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe (Gefahrenabwehr) eingesetzt.

d) Hätte die Polizei die Bergung mit eigenen Mitteln durchgeführt, so stände der hoheitliche Charakter der Maßnahme außer Zweifel. Deren rechtliche Beurteilung als Vollstreckungshandlung (?) kann aber nicht davon abhängen, ob die Polizei selbst oder ein Dritter in Gegenwart der Beamten, die die Bergung angeordnet haben, die Maßnahme durchführt (126). In solchen Fällen wird der Dritte gleichsam als >Erfüllungsgehilfe< der Polizei tätig, und zwar nicht nur gegenüber dem Eigentümer des abzuschleppenden Fahrzeuges, sondern auch gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern wie der Klägerin. Denn die Beamten waren schon im Interesse gefährdeter Verkehrsteilnehmer verpflichtet, die Bergung zu überwachen und die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen zu treffen. Daraus folgt, dass dem Beklagten (Schnell) bei Durchführung des Bergungsauftrags von Rechts wegen nur ein sehr begrenzter Entscheidungsspielraum zustand. Seine Stellung war derjenigen eines Verwaltungshelfers angenähert.

e) Demgegenüber ist der Umstand, dass die Beauftragung der Fa. Zimmer auf privatrechtlicher Grundlage erfolgte, ohne Bedeutung. Für die staatshaftungsrechtliche Würdigung des Vorgangs kommt es allein auf das Verhältnis zwischen der für die Bergungsmaßnahme verantwortlichen Polizei und der geschädigten Klägerin an. In welcher Weise sich die Polizei die Dienste des die Bergung durchführenden Unternehmens verschafft hat, ist aus dieser Sicht ohne Belang.

5. Im Ergebnis hat der Bundesgerichtshof (BGH) also die Amtshaftung bejaht.

Die Revision des Schnell hatte Erfolg, er musste keine Zahlungen an Frau Klein leisten.

6. Wie wäre es, wenn bei dem Abschleppvorgang das abgeschleppte Fahrzeug beschädigt wird?

Hierzu hat der BGH in der genannten Entscheidung ausgeführt (siehe oben unter 4 d), dass der Dritte (Abschleppunternehmer) gleichsam als Erfüllungsgehilfe der Polizei tätig werde, und zwar nicht nur gegenüber dem Eigentümer des abzuschleppenden Fahrzeuges, sondern auch gegenüber Verkehrsteilnehmern wie der Klägerin.

1 BVerwG 1978, 656 und 1977, 1021; OVG Hamburg, NJW 92, 1909 und 2001, 168; OVG Münster, NVwZ-RR 96, 59; NJW 98, 2465 und 2000, 602; OVG Koblenz, NJW 99, 3573; VG Berlin, NJW 2000, 603; VGH Kassel, NVwZ 87, 904 und NVwZ-RR 99, 23, sowie NJW 97, 1023; VGH Mannheim, DÖV 94, 82; NZV 96, 511; VG Leipzig, LKV 95, 165, und SächsVBl. 97, 16; OVG Saarlouis, NZV 93, 366; VG Frankfurt, NJW 2000, 3224 .

Anmerkung: Siehe jetzt auch OVG Bautzen, SächsVBl. 2001, 94

2 VG Leipzig, SächsVBl. 97, 16; QVG Münster, NJW 98, 2465; Kästner, Unmittelbare Maßnahmen der Gefahrenabwehr; JuS 1994, 361, 366; Schoch, Grundfälle zum Polizei- und Ordnungsrecht, JuS 95, 507, mit Hinweisen auf die Rspr.

3 OVG Frankfurt, NVwZ-RR 99, 117; Kästner, JuS 94, 361, 364; Mussmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 4. Aufl. 1994, S.222.

4 Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, 13. Aufl. 2000, S.501.

5 Zur entspr. Rechtslage in Hessen siehe Dienelt, Die Haftung des Kfz-Halters für Abschleppkosten: NVwZ 94, 664.

6 Pietzner, Rechtsschutz in der Verwaltungsvollstreckung, Verwaltungsarchiv 93, 261, 264.

7 Rasch, Der
Realakt insbesondere im Polizeirecht, DVBI. 92, 207, 209; Kugelmann, Unmittelbare Ausführung von Maßnahmen und sofortige Anwendung von Verwaltungszwang durch die Polizei, DÖV 97, 153, 156.

8 Schoch, JuS 95, 312.

9 VGH Kassel, NVwZ-RR 99, 23, 25.

10 Mussmann, S. 223; Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2. Auflage 1996, S.409.

11 NVwZ-RR 95, 575, 576.

12 Siehe entspr. Beispiel bei Mussmann, S .224.

13 Bei dieser Fallgestaltung ist anzumerken, dass es sich um einen theoretischen Fall handelt, der in der Praxis selten vorkommt. Er dient jedoch beispielhaft dazu, den Einstieg in die Problematik zu finden. Einem ähnlichen Fall lag die Entscheidung des OVG Münster (NJW 2000, 602) zugrunde: Weigerung eines Fahrzeugführers, sein Fahrzeug umzusetzen, das andere Verkehrsteilnehmer hinderte, mit ihrem Fahrzeug einen öffentlichen Parkplatz zu verlassen. Im Wege der Ersatzvornahme ist vorzugehen, wenn sich der Verantwortliche trotz polizeilicher Verfügung weigert, die Störung selbst zu beseitigen, was voraussetzt, dass der Verantwortliche angetroffen wird (VGH Kassel, NVwZ-RR 95, 29).

14 Bei Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Forderung der Behörde nach den Abschleppkosten steht die Frage nach der Rechtsgrundlage für die Kostenforderung immer im Vordergrund: VGH Kassel, NVwZ-RR 99, 23; OVG Münster, NJW 98, 2465 und 2000, 602; NVwZ-RR 96, 59; OVG Koblenz, NJW 99, 3573; VG Leipzig, LKV 96, 165 und SächsVBl. 97, 16; Schoch, JuS 95, 506 ff.

15 VG Leipzig, SächsVBl. 97, 16. Diese beiden Rechtsinstitute findet man u. a. auch in Hamburg (siehe OVG Hamburg, MW 1992, 1909) und Hessen (siehe VGH Kassel, NVwZ-RR 99, 23).

16 In dieser Prüfungsreihenfolge gehen auch das VG Leipzig (SächsVBl. 97, 16) und der VGH Kassel (NVwZ-RR 99, 23) vor. Dagegen prüft das OVG Hamburg (NJW 92, 1909) vorab die unmittelbare Ausführung.

17 Zur Prüfung der Zuständigkeit beim Erlass des Kostenbescheides siehe VGH Kassel, NVwZ-RR 95, 29 und aktuell VGH Mannheim, DÖV 2002, 1002. Daneben sind noch weitere Zuständigkeiten zu prüfen, siehe FN. 18.

18 Hier sind also insgesamt drei Zuständigkeitsfragen zu klären:

1. Die Zuständigkeit zum Erlass des Leistungsbescheides, siehe unter 3.;

2. Die Zuständigkeit zum Erlass des Grund-Verwaltungsaktes, der der Vollstreckungsmaßnahme vorausging, siehe unter 10.;

3. jetzt hier noch die Zuständigkeit für die Vollstreckungsmaßnahme. Siehe hierzu VGH Mannheim, NJW 1992, 2442; NVwZ-RR 96, 149, 150 und VG Leipzig, LKV 95, 165; Schoch, JuS 95, 310 und 313.

19 VGH Kassel, NVwZ-RR 99, 23, 25; die Ersatzvornahme in einem Weigerungsfalle wird bejaht vom OVG Münster, NJW 2000, 602; Lisken/Denninger, S.410.

20 Kästner, JuS 94, 361, 362. Er weist zutreffend daraufhin, dass dieser Verzicht auf die Androhung im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens streng von der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 VwGO zu unterscheiden ist. § 80 Abs. 2 VwGO führt u. a. den Vollstreckungstitel herbei, ermöglicht also die Einleitung des Vollstreckungsverfahrens nach den Vorschriften des VwVG (konkret in Sachen § 2 VwVG), während das Absehen von der Androhung (§ 21 SVwVG) das Vollstreckungsverfahren modifiziert.

21 Allgemein zum Vollstreckungsverfahren nach dem SVwVG mit 3-stufigem Aufbau beim Zwangsgeld und nur 2-stufigem Verfahren bei der Ersatzvornahme und unmittelbarem Zwang siehe Weber,
Der Bescheid über die Festsetzung eines Zwangsgeldes, apf 1999, 109

und den Aufsatz Fälle zum Verwaltungsvollstreckungsverfahren in VR 2004, 181 ff.

22 Siehe Weber, apf 1999, 109 ff. (oben FN 21), dort die Fußnoten 9 und 10 mit Hinweisen auf die Rspr.

23 Kästner, JuS 94, 361, 362.

24 OVG Bautzen, SächsVBl. 1996, 138; SächsVBl. 2001, 40

25 VG Leipzig, SächsVBl. 1997, 16, 17; Kästner, JuS 94, 361, 362.

26 So ausdrücklich in einem Abschleppfall OVG Hamburg, NJW 92, 1909; ähnlich VG Bremen, NVwZ-RR 2000, 593. Vor Beginn der Vollstreckung muss ein wirksamer Verwaltungsakt vorliegen; ansonsten scheidet der vollstreckungsrechtliche Ansatz aus (Kästner, JuS 94, 361, 362).

27 Kopp, Kommentar zum VwVfG, 6. Aufl. 1996, Anm. 21 vor § 35 mit Hinweisen auf die Rspr.

28 Siehe hierzu Weber,
Der Bescheid über die Festsetzung eines Zwangsgeldes, apf 1999, 109.

29 Siehe hierzu Weber, Der Bescheid über die Entziehung der Fahrerlaubnis, apf 1999, 45.

30 Siehe FN 80.

31 Der VGH Kassel (NVwZ 87, 904, 906; NVwZ-RR 99, 23, 24 sowie VRS 99, 473, 476) spricht von der Grundverfügung; ebenso Schoch, JuS 95, 313, und Dienelt, NVwZ 94, 664, 666; jetzt auch OVG Bautzen, SächsVBl. 2001, 40

Eine Ersatzvornahme lag auch der Entscheidung des VGH Mannheim (NZV 96, 511) zugrunde. Das abgemeldete und mit einem gestohlenen Kennzeichen versehene (also nicht zugelassene) Fahrzeug stand teilweise im öffentlichen Verkehrsraum. Mit Bescheid wurde der Kläger zur unverzüglichen Entfernung des Fahrzeugs aufgefordert mit Anordnung der sofortigen Vollziehung und Androhung der Ersatzvornahme. Sechs Wochen später wurde das Fahrzeug abgeschleppt und die Behörde forderte die angefallenen Abschleppkosten entspr. den Grundsätzen der unmittelbaren Ausführung (§ 8 Abs. 2 Po1G, in Sachsen § 6 Abs. 2
PoIG).

Das Gericht stellte klar, dass die Behörde hier die in der Ausgangsverfügung angedrohte Ersatzvornahme vollstreckt habe und die Rechtsgrundlage für die Kostenforderung somit § 24 LVwVG sei (in Sachsen § 24 VwVG).

32 Maßnahme i. S. der Generalklausel des § 3 Abs. 1 SPoIG.

Dennoch muss hier noch geprüft werden, welche Rechtsqualität die Maßnahme hat, also ob es sich um einen Verwaltungsakt oder einen
Realakt handelt, VGH Mannheim, DVBI. 1998, 835, 837 (Schoch, JuS 95, 216).

So kann aus einem Verwaltungsakt vollstreckt werden (sofern die weiteren Vollstreckungsvoraussetzungen, § 2
SVwVG vorliegen), nicht dagegen aus einem Realakt. Das Zustandekommen und die Bedeutung des Verwaltungsaktes ergibt sich aus dem VwVfG, während man dort über den Realakt nichts nachlesen kann.

Die Generalklausel ermächtigt außer zu Verfügungen (gemeint sind Verwaltungsakte) auch zu sonstigen Gefahrenabwehrmaßnahmen
und andererseits erfolgen etliche Standardmaßnahmen kraft Natur der Sache in Gestalt der unmittelbaren Ausführung der Gefahrenabwehr (Schoch, JuS 95, 312).

33 OVG Münster, NJW 98, 2465 und 2000, 602 sowie NVwZ-RR 96, 59; OVG Koblenz, NJW 88, 929 und 99, 3573; OVG Bautzen, SächsVBl. 96, 252, 253; VG Leipzig, LKV 95, 165 und SächsVBI. 97, 16, 17; VG Berlin, NJW 2000, 603; OVG Saarlouis, NZV 93, 366; VGH Mannheim, NVwZ-RR 96, 149, 150 und DÖV 94, 82; OVG Hamburg, NJW 1992, 1909.

34 OVG Bautzen, SächsVBl. 96, 252, 253; OVG Saarlouis, NZV 1993, 366; Kästner, JuS 94, 361, 366; Schoch, JuS 95, 507.

Im Rahmen der Durchführung einer Abschleppmaßnahme als Ersatzvornahme prüft das VGH Mannheim (NJW 92, 2442) ausdrücklich, ob die Ersatzvornahme zu Recht angeordnet wurde.

35 Jahn, NZV 90, 377, 378.

36 BVerfG NJW 1985, 2395, 2398;

Das OVG Koblenz (NJW 1999, 3573) bejaht im Rahmen eines Abschleppvorgangs einen Verstoß gegen § 12 Abs. 3 Satz 3 StVO (Abstellen eines Fahrzeugs gegenüber einer Einfahrt zu einem Grundstück) und spricht im Zusammenhang mit dem Tatbestandsmerkmal der Gefahr für die öffentliche Sicherheit von der »Unverletzlichkeit der Rechtsordnung.«

Das OVG Münster (NJW 2000, 602) bejaht bei einem Verstoß gegen § 1 Abs. 2 StVO ohne weitere Erwägungen das Tatbestandsmerkmal der gegenwärtigen Gefahr für die öffentliche Sicherheit gemäß § 8 Abs. 1 NWPoIG (Generalklausel); ebenso Lisken/Denninger, S. 902.

Das OVG Saarlouis (NZV 93, 366) spricht von einer Störung der öffentlichen Sicherheit (Behinderung der Möglichkeit des Wegfahrens eines Fahrzeuges durch Blockieren des Stellplatzes; siehe Fall VI), ebenso der VGH Kassel (NVwZ-RR 95, 29, 30) und das OVG Hamburg (NJW 92, 1909).

37 Schoch, JuS 94, 757, mit Hinweisen auf die Rspr.

38 Siehe das entspr. Beispiel bei Lisken/Denninger, S. 900.

39
BVerwG, NJW 93, 870; VG Leipzig, LKV 95, 165; Lisken/Denninger, S.901.

40 Diese Verhältnismäßigkeitsprüfung (des Grund-Verwaltungsaktes) ist zu unterscheiden von der später noch zu prüfenden Verhältnismäßigkeit der Vollstreckungsmaßnahme als Ersatzvornahme (Abschleppen des Fahrzeugs)!

41
BVerwG, NJW 93, 870, 871.

42 Dieser Fall kommt in der Praxis häufig vor und beschäftigt immer wieder die Rechtsprechung: OVG Koblenz, NJW 1999, 3573; OVG Saarlouis, NZV 1993, 366; VG Leipzig, LKV 95, 165; VGH Kassel, NVwZ-RR 99, 2.3, 25; VG Frankfurt, NVwZ-RR 93, 28. Ebenso der Fall 1 bei Kästner, JuS 94,361.

43 Die Regelungswirkung ist im später ergehenden Kostenbescheid zu sehen; Kugelrnann, DÖV 97, 153, 155; Pietzner, Verwaltungsarchiv 93, 261, 266, Mussmann, 5. 226.

44 VGH Kassel, NVwZ-RR 99, 23, 24 und VRS 99, 473, 476; OVG Hamburg, NIW 92, 1909; Dienelt, NVwZ 94, 664, 666; Kästn er, JuS 94, 361, 364; Mussmann, S.222; Schoch, JuS 95, 313; Robbers, Schlichtes Verwaltungshandeln, DOV 87, 272, 275. Es fehlt an einem anwesenden Verantwortlichen, gegenüber dem eine Verfügung (Verwaltungsakt) zur Gefahrenabwehr erlassen werden kann (Kugelmann, DÖV 97, 153, 154; ebenso Dienelt, NVwZ 94, 664, 666).

Der (in Rspr. und Literatur erörterte) sog. adressatlose Verwaltungsakt ist mit den Regelungen des VwVfG unvereinbar! So zutreffend VGH Kassel, NVwZ 67, 901, 907; Schoch, JuS 95, 218; Maurer, S.502; Rasch, DVBI. 92, 207, 209; Pietzner,Verwaltungsarchiv 93, 261, 265; Lisken/Denninger, S. 191.

45 OVG Frankfurt, NVwZ-RR 99, 117, 118; Kästner, JuS 94, 361, 364; Mussmann, S. 222; Schoch, JuS 95, 218; Maurer, S. 484: Kugelmann, DÖV 97, 153, 155; Rasch, DVB1. 92, 207, 210; Pietzner. Verwaltungsarchiv 93, 261, 264; Lisken/Denninger, S. 191.

46 Obwohl sich rein äußerlich betrachtet keine Unterscheidung feststellen lässt zwischen dem Abschleppvorgang in der Fallgestaltung I zur Fallgestaltung II; so auch Kästner, JuS 94, 361, 363.

47 Siehe FN 16. So jetzt auch aktuell OVG Hamburg, NJW 2001, 3647

Der praktische Vorteil der hier bevorzugten Prüfungsreihenfolge (§ 24 Abs. 3 SVwVG vor § 6 Abs. 2 SPoIG) besteht auch darin, dass man im Rahmen des zu prüfenden Vollstreckungsverfahrens der Ersatzvornahme eine eindeutige Stellungnahme zum Vorhandensein eines Vollstreckungstitels abgeben und sich insoweit zu dem der Vollstreckung vorausgehenden Grund-Verwaltungsakt bekennen muss.

48 Mussmann, S.226; Zur Zuständigkeit für den Erlass des Kostenbescheides siehe auch VGH Kassel, NVwZ-RR 96, 26 und VRS 99, 473 , 474.

49 VGH Mannheim, DOV 94, .32, 83; OVG Hamburg, NJW 2001, 168, 169; VGH Kassel, NVwZ-RR 95, 29, 30; OVG Koblenz, NJW 99, .3573; OVG Bautzen, SächsVBl. 97, 82, 83; VG Leipzig, LKV 95, 165 und SächsVBl. 97, 16, 17; Kästner, JuS 94, 361, 364; Schoch, JuS 95, 312, 507; Mussmann, S.225; Dienelt, NVwZ 94. 664, 666.

50 Dienelt, NVwZ 94, 664, 666; ebenso VGH Kassel, NVwZ-RR 96, 29.

51
BVerfGE 19, 342, 348; 28, 264, 280; 38, 348, 368; 69, 161, 169; 76, 256, 359: ungeschriebener Verfassungsgrundsatz.; siehe auch Lisken/Denninger, S. 185 und 265 ff.;

Im Polizeirecht findet dieser Grundsatz seine Ausprägungen in § 3 Abs. 2 bis 4
SPoIG und § 19 Abs. 3, 4 SVwVG.

52 So auch VG Frankfurt, NVwZ-RR 93, 28, 29.

53 VGH Kassel, NVwZ-RR 99, 24, 25.

«Fehlende Inanspruchnahme eines Ordnungspflichtigen« (OVG Frankfurt, NVwZ-RR 99, 117, 118). »Es fehlt an einem anwesenden Verantwortlichen, gegenüber dem eine Verfügung zur Gefahrenabwehr erlassen werden könnte (Kugelrnann, DÖV 97, 153, 154)

54 VGH Mannheim, NZV 96, 511, 512; Schach, loS 94, 365. Das OVG Berlin (NVwZ-RR 95, 575, 576) spricht im Zusammenhang mit der unmittelbaren Ausführung von der schärfsten Form des ordnungsbehördlichen Einschreitens, die deshalb an enge Voraussetzungen geknüpft sei.

55 Kugelmann, DÖV 97, 153, 154.

56 Zum Prüfungsaufbau bei der »unmittelbaren Ausführung» siehe VGH Mannheim, DÖV 94, 82; Kästner, JuS 94, 361, 364; Schoch, JuS 95, 312; Mussmann, S. 224.

Und jetzt auch OVG Hamburg, NJW 2001, 3647

57 Mussmann, S .223.

a) Im Gegensatz zu Fall I (siehe FN 18) findet hier nur eine doppelte Zuständigkeitsprüfung statt (Leistungsbescheid und polizeiliche Maßnahme in Form der unmittelbaren Ausführung). Da keine Vollstreckungsmaßnahme vorliegt, ist insoweit auch keine Zuständigkeit zu prüfen.

b) Dem Urteil des VG Leipzig vom 17. 2. 1994 (LKV 95, 165) lag ein Leistungsbescheid der Stadt Leipzig über die Kostenforderung zugrunde (
Stadt Leipzig als untere Verwaltungsbehörde und Straßenverkehrsbehörde). Die Abschleppanordnung traf ein städtischer Vollzugsbediensteter nach § 80 SPo1G i. V. mit der VO des Sächsischen Staatsministeriums des Innern über die Wahrnehmung polizeilicher Vollzugsaufgaben durch gemeindliche Vollzugsbedienstete vom 19. 9. 1991 (Überwachung des ruhenden Verkehrs). Der VGH Mannheim (NJW 92, 2442 und NVwZ-RR 96, 149, 150) hat ebenfalls die Zuständigkeit der gemeindlichen Vollzugsbediensteten für Abschleppanordnungen bejaht.

58 VGH Kassel, VRS 99, 473, 476.

Ermächtigungsgrundlage für das polizeiliche Vorgehen ist nicht § 6 Abs. 1 SPolG. Die Vorschrift ermächtigt nur zum Einschreiten, wenn zusätzlich die Voraussetzungen derjenigen Rechtsgrundlage vorliegen, aufgrund derer im Falle der Erreichbarkeit des Verantwortlichen (Störers) hätte gehandelt werden können (Kugelmann, DÖV 97, 153, 154).

59 VGH Mannheim, DOV 94, 82, 83; VG Leipzig, SächsVBl. 97, 16, 17; Kugelmann, DÖV 97, 153, 154; Kästner, JuS 94, 361, 364.

60 Siehe FN 32.

61 Siehe Fall I, 11 c)

Im sog. Handy-Urteil bejaht das OVG Hamburg (NJW 2001, 3647) einen Verstoß gegen die §§ 1 II, 12 III Nr. 9 StVO (das Fahrzeug stand vor einer Bordsteinabsenkung, an der ein Fußweg einmündete, also Blockierung des Durchgangs für Fußgänger)

62 Bei Abwesenheit des Fahrers oder Halters prüft die Rechtsprechung auch in den Fällen der unmittelbaren Ausführung immer die Frage, ob die Polizei vor Durchführung der Abschleppmaßnahme noch zuwarten muss: OVG Koblenz, NJW 99, 3573, 3574; VG Leipzig, LKV 95, 165; VG Leipzig, SächsVBl. 97, 16, 17 (das Fahrzeug stand bereits 24 Minuten, bevor die Abschleppmaßnahme angeordnet wurde).

Nachforschungen nach dem Fahrer oder Halter (um ihm zwecks Kostenersparnis das Wegfahren des Fahrzeugs zu ermöglichen) sind nur dann anzustellen, wenn sie aufgrund der konkreten Umstände schnellen Erfolg versprechen (VG Frankfurt, NVwZ-RR 93, 28, 29; Lisken/Denninger, 5.902; Schoch, JuS 94, 754, 757).

Nur wenn bei einem vorschriftswidrig abgestellten Fahrzeug anhand von Schriftzügen, wie sie etwa bei Liefer- oder Handwerkerfahrzeugen üblich sind, oder durch sonstige Anzeichen wie einen angebrachten Zettel, erkennbar ist, dass dieses Fahrzeug einem bestimmten Anwohner gehört, spricht eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Halter bzw. Fahrer gefunden werden kann und das Fahrzeug selbst entfernen wird. Dann wäre es unverhältnismäßig, wenn das Fahrzeug umgehend abgeschleppt würde, ohne dass eine solche sich aufdrängende Nachforschung nach dem Fahrzeugführer angestellt würde bzw. eine gewisse Zeit auf die Rückkehr des Fahrzeugführers gewartet werde. Der Umfang der aus Verhältnismäßigkeitsgründen zu fordernden Nachforschungs- und Wartepflicht ist aber vor dem Hintergrund der Bedeutung des Verkehrsverstoßes und der mit dem Abschleppen verbundenen eher niedrigen Kostenfolgen zu bestimmen (OVG Koblenz, NJW 99, 3573, 3574)

Im sog. Handy-Urteil hat das OVG Hamburg (NJW 2001, 3647) ausgeführt: Einem ausgelegten Hinweis auf dem Armaturenbrett hinter der Windschutzscheibe...ist dann nachzugehen, wenn damit ein unzumutbaren Aufwand nicht verbunden und eine kurzfristige und zuverlässige Beseitigung der Störung durch den Verursacher zu erwarten ist.... Das Risiko der Nichterreichbarkeit hat generell der Störer zu tragen... Im konkreten Fall war der Zettel zu unbestimmt, weil er lediglich die Ausage enthielt, bei einer Störung (auf Anruf) sofort zu kommen. Damit war weder erkennbar, dass die Störung (auf Anruf) zeitnah) beseitigt werden konnte noch dass hierzu die ernstliche Bereitschaft bestand.

Anmerkung: Eine doppelte Prüfung der Verhältnismäßigkeit wie im Fall I ist hier nicht erforderlich, da im Gegensatz zu Fall I hier keine Unterscheidung zwischen dem Grund-VA und einer nachfolgenden Vollstreckung in Form der Ersatzvornahme getroffen werden muss.

63 Kugelmann, DÖV 97, 153, 159; Kästner, JuS 94, 361, 364; OVG Hamburg, NJW 2001, 3647

64 So auch Kugelmann, FN 63.

65 Kugelmann, DÖV 97, 153, 154.

66 OVG Berlin, NVwZ-RR 95, 575, 576, VGH Kassel, NJW 99, 365).

67 NVwZ-RR 99, 117, 118.

68 Siehe hierzu Schoch, JuS 94, 365.

69 So ist auch Rasch, DVB1. 92, 207, 210, zu verstehen; er bejaht dann in der anschliessenden Mitteilung an den Betroffenen einen feststellenden Verwaltungsakt, wobei sich dann aber wieder die Frage nach der Regelung stellt. Man muss davon ausgehen, dass die Regelung fehlt.

Die Verwaltungsaktqualität dieser Unterrichtung verneint ebenfalls Pietzner, Verwaltungsarchiv 93, 261, 266 (schlichte Mitteilung).

70
Weitere typische Beispiele für Fälle der unmittelbaren Ausführung einer Maßnahme:

Ein streunender Hund fällt Menschen an, ohne dass ein Verantwortlicher anwesend ist; die Polizei macht von der Schusswaffe Gebrauch (Kugelmann, DÖV 97, 153, 155).

Die Besatzung eines Streifenwagens entdeckt bei einer Fahrt auf der Straße eine Olspur. Sei veranlasst sofortige Maßnahmen zu deren Beseitigung (Kästner, JuS 94, 361; Schoch, JuS 95, 312).

Siehe dazu auch den Aufsatz Verwaltungsrechtliche Realakte

71 Siehe hierzu Kästner, JuS 94, 361, 366; Mussmann, S.226.

72 VGH Kassel, NVwZ-RR 96, 29, 30 und NJW 97, 1023; VG Leipzig, SächsVBl. 97, 16, 17; Kästner, JuS 94, 361, 366; Mussmann, S.226. Das VG Leipzig betont aber, dass es selbst bei Rechtmäßigkeit der unmittelbaren Ausführung (im konkreten Fall handelte es sich um eine Abschleppmaßnahme) nicht zwangsläufig eine Kostenersatzpflicht des Polizeipflichtigen (Störers) nach § 6 Abs. 2 SPo1G gebe. Denn gerade die Fälle des § 6 Abs. 2 SPoIG können der Billigkeitsregelung des § 3 Abs. 1 Nr. 3 des Sächsischen Verwaltungskostengesetzes unterfallen. Es stehe deshalb im Ermessen der Polizei, ob die nach § 6 Abs. 2
SPoIG grundsätzlich zum Kostenersatz verpflichteten Personen im konkreten Fall zum Ersatz der durch die unmittelbare Ausführung einer Maßnahme entstandenen Kosten heranzuziehen sind.

Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Zusammenhang mit der Kostenforderung wird auch vom VGH Mannheim betont (NJW 91, 1698, 1699).

73 VGH Kassel, NVwZ-RR 95, 29, 30; OVG Hamburg, NJW 2001, 1 Dazu aktuell jetzt VGH Mannheim, DÖV 2002, 1002, 1003;

Die Auferlegung der
Kosten für eine sog. Leerfahrt sind dann jedenfalls rechtmäßig, wenn die Beauftragung des Abschleppunternehmers nicht mehr rechtzeitig storniert werden kann... Das durch die Anforderung eines Abschleppunter nehmers hervorgerufene unvermeidliche Kostenrisiko ist wesentlich durch den Polizeipflichtigen veranlaßt, der deshalb auch zur Kostenerstattung herangezogen werden darf.

74 Fall nach OVG Hamburg, NJW 92, 1909, bestätigt durch BVerwG NJW 92, 1908; siehe auch BVerwG NJW 93, 870.

75 Siehe hierzu auch Schoch, JuS 95, 313.

76 So auch VGH Kassel, NVwZ-RR 99, 23, 25, beim Abstellen eines Fahrzeugs im Bereich eines Parkautomaten, ohne einen Parkschein zu lösen (Aufstellen des Parkscheinautomaten als Regelung eines modifizierten Parkverbots); Kästner, JuS 94, 361, 362; Koch/Niebaum, JuS 97, 312, 313.

77 BVerwG NJW 78, 656 und NVwZ 88, 623, 624 (Parkuhr als modifiziertes Halteverbot); OVG Hamburg, NJW 92, 1909 und DÖV 95, 783; VGH Mannheim, NJW 92, 2442 und NVwZ-RR 96, 149, 150; VGH Kassel, NVwZ-RR 99, 23, 24; kritisch zu dieser sog. Verkehrszeichenrechtsprechung Schoch, JuS 95, 313 und Hentschel, NVwZ 98, 688, wobei auffällt, dass beim Abschleppvorgang eine klare Unterscheidung zwischen einer Ersatzvornahme (als Maßnahme der Vollstreckung) und der unmittelbaren Ausführung einer Maßnahme nicht gemacht wird..

Anmerkung:
Wie das BVerwG in ständiger Rspr. zu den Ge-und Verbotszeichen jetzt auch
OVG Bautzen, SächsVBl. 2001, 94.

Der Beschluss des OVG Bautzen ist deshalb interessant, weil die Vorinstanz (VG Dresden) in diesem Falle (Abstellen eines Fahrzeugs über mehrere Stunden in einer eingeschränkten Halteverbotszone, also Verkehrszeichenfall) das Vorliegen einer unmittelbaren Ausführung nach § 6 SPolG bejaht hatte! Das OVG Bautzen bezeichnete das als fehlerhafte Rechtsauffassung

Ebenso wie BVerwG jetzt auch VGH Mannheim, DÖV 2002, 1002
wg. Verkehrszeichen 283 (absolutes Halteverbot)

Ebenso jetzt unter Hinweis auf die ständige Rspr. des BVerwG das OVG Hamburg, NJW 2001, 3647 (wobei das Gericht im konkreten Fall wegen Fehlens eines Parkverbots-Verkehrszeichens, also wg. fehlenden Verwaltungsaktes, die Vollstreckung in Form der Ersatzvornahme verneinte und somit zwangsläufig zur unmittelbaren Ausführung gelangte!) sog. Handy-Urteil !

78
BVerwG NJW 80, 1640; OVG Hamburg, NJW 92, 1909 und DÖV 95, 783; VGH Mannheim, NVwZ-RR 96, 149, 150.

79 VGH Mannheim, NVwZ-RR 96, 149, 150, Lisken!Denninger, S.403 mit Hinweisen auf die Rspr.

80 Siehe hierzu Weber,
Der Bescheid über die Festsetzung eines Zwangsgeldes ; apf 99, 109, 110, mit umfangreichen Hinweisen auf die Rspr.

81 Der VGH Mannheim (NJW 92, 2442) prüft in einem Verkehrszeichenfall ausdrücklich, ob die Ersatzvornahme zu Recht angeordnet wurde.

82 So im konkreten Fall OVG Hamburg, NJW 92, 1909; ähnlich VGH Mannheim, NVwZ-RR 96, 149, 150.

83 OVG Hamburg, NJW 1992, 1909, VGH Kassel, NVwZ-RR 99, 23, 25; OVG Münster, NVwZ-RR 96, 59 und NJW 98, 2465: gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit.

84 Jahn, NZV 90, 378.

85 Auch das BVerwG (NJW 78, 656) sieht in einem »Verkehrszeichenfall« (eingeschränktes Halteverbot) im Abschleppvorgang eine Ersatzvornahme gegenüber dem Fahrer des Kraftfahrzeuges.

86 BVerwG NVwZ 88, 623, 624, NJW 78, 656, 657; 90, 931 und 93, 870; OVG Münster, NJW 98, 2465; VGH Mannheim, NJW 92, 2442, 2443; VGH Kassel, NVwZ-RR 99, 23, 26.

87 BVerwG NJW 90, 931; Lisken!Denninger, S.902.

88 OVG Münster, NJW 98, 2465. Ebenso jetzt VGH Mannheim, DÖV 2002, 1002

89 BVerwG NJW 93, 870, 871.

90 BVerwG NJW 78, 656, 657.

91 VGH Kassel, NVwZ-RR 99, 23, 26; ebenso beim Nichtbetätigen der Parkuhr: BVerwG NVwZ 88, 623.

92
BVerwG NJW 78, 656, 657; VGH Mannheim, NJW 92, 2442, 2443.

93 Fall nach OVG Hamburg, siehe Fallgestaltong III, FN 74.

94 OVG Hamburg, a. a. 0; ebenso VGH Mannheim, NVwZ-RR 96, 149, 150 und VGH Kassel, NVwZ-RR 23, 25.

95 OVG Hamburg und VGH Mannheim, FN 94.

96 Fall nach BVerwG NJW 97, 1021.

97 Im Unterschied zu den Fällen I - IV geht es hier nicht um eine Kostenforderung der Polizei. Hier hat Herr Hartmann bereits die Abschleppkosten bezahlt und verlangt nun die Rückzahlung !

98 OVG Münster, NVwZ-RR 96, 59; OVG Hamburg, NJW 93, 277, 278; VG Freiburg, NJW 2000, 2602.

99 Windthorst, JuS 96, 894, 895, mit Hinweisen auf die Rspr.

100 OVG Hamburg, NJW 93, 277, 278.

101 Siehe hierzu den Sachverhalt zu der Entscheidung des BVerwG NJW 97, 1021.

102 Schoch, JuS 95, 313.

103 OVG Hamburg, DCV 95, 783, 784; VGH Kassel, NJW 97, 1023; VG Leipzig, SächsVBl. 97, 16, 17; Lisken!Denninger, S.903; Mussmann, S.226.

104
BVerwG NJW 97, 1021 .

,105 OVG Münster NVwZ-RR 96, 59; siehe dazu die kritische Besprechung von Koch/Niebaum, JuS 97, 312 ff.

106 
Kritisch zu dieser Rspr. Hansen/Meyer, NJW 98, 284 ff.: Es fehlt am vollziehbaren Verwaltungsakt, weshalb dieser Abschleppfall mit dem Institut der unmittelbaren Ausführung (und der Kostenfolge aus § 6 Abs. 2 SPolG, siehe Fall V, 5) zu lösen ist. Auch wird die Störereigenschaft, wobei nur die Zustandsstörung infrage kommt, bezweifelt.

Ein nachträglich aufgestelltes Verkehrszeichen kann gegenüber einem abwesenden Fahrzeuginhaber nicht als bekannt gegeben und wirksam angesehen werden (Koch/Niebaum, JuS 97, 312, 315), weshalb auch sie eine Abschleppmaßnahme als unmittelbare Ausführung bejahen, aber auch die Störereigenschaft infrage stellen; ähnlich Lisken!Denninger, S. 903.

So auch der VGH Kassel, NVwZ-RR 99, 23, 25 (Urteil vom 11. 11. 1997, zu diesem Zeitpunkt war das Urteil des BVerwG in NJW 97, 1021, bereits veröffentlicht): § 8 HessSOG (Anmerkung: der die unmittelbare Ausführung regelt) ist anzuwenden, wenn ... oder ein Verkehrszeichen erst nach dem ursprünglich rechtmäßigen Abstellen eines Kraftfahrzeuges aufgestellt worden ist.«

107 Fall nach OVG Saarlouis, NZV 93, 366 (kritisch dazu Gornig, JuS 95, 208); ähnlicher Sachverhalt bei OVG Koblenz, NJW 88, 929; siehe dazu auch Schoch,JuS 94, 572.

108 So im Falle des OVG Saarlouis, FN 107.

109 Schoch, JuS 94, 573.

110 Fall nach VGH Mannheim, DOV 94, 82.

Aus den Entscheidungsgründen (S. 83, rechte Spalte) ergibt sich, dass die zuständige Straßenverkehrsbehörde vorher gegenüber Frau Kurz eine (schriftliche) Anordnung (Verwaltungsakt) getroffen hatte, das Fahrzeug bis zur Montage ordnungsgemäßer Reifen nicht zu benutzen.

111 Ebenso OVG Bautzen, NZV 98, 430, 432.

112 VGH Mannheim, FN 110.

113 Fall nach OVG Bautzen, SächsVBI. 96, 252; ähnlich VGH Kassel, DOV 99,916.

114 OVG Münster, NJW 2000, 602; OVG Koblenz, NJW 99, 3573,3574; VG Berlin, NJW 2000, 603; Schoch, JuS 95, 313; Lisken/Denninger, S.902.

116 Schoch, JuS 95, 313.

In einem ähnlichen Fall (gestohlenes und beschädigtes Fahrzeug) hat die Polizei dieses lediglich umgesetzt; es handelte sich dann um einen Fall der unmittelbaren Ausführung einer Maßnahme (VG Berlin, NJW 2000, 603).

116 OVG Bautzen, SächsVBl. 96, 252, 253.

117 OVG Bautzen, SächsVBl. 96, 252, 253.

118 Zur Sicherstellung im Zusammenhang mit dem Abschleppen von Kraftfahrzeugen siehe auch Schoch, JuS 95, 313; Lisken/Denninger, S. 473; Schwabe, NVwZ 94, 629, 633.

119 Fall nach OVG Bautzen, SächsVBl. 97, 82; ähnlich VGH Kassel, VRS 99, 473 und OVG Hamburg, NJW 2000, 2600.

120 OVG Bautzen, SächsVBl. 97, 82, 83; VGH Kassel, VRS 99, 473, 476.

121 NZV 96, 511; dagegen OVG Bautzen und VGH Kassel, FN 120.

122 Fall nach BGH NJW 93, 1258.

123 BGH NJW 93, 1258, 1259.

124 Dagegen z. B. OLG Nürnberg, JZ 67, 61 und LG München, NJW 78, 48.

125 Diese Feststellung erstaunt. Denn wie die Fälle 1 und II gezeigt haben, ist bei Vorliegen einer Vollstreckungsmaßnahme als Ersatzvornahme ein sog. Vollstreckungstitel erforderlich, insbes. ein wirksamer Verwaltungsakt. Der existiert hier aber nicht; somit kann es sich nur um den Fall der unmittelbaren Ausführung einer Maßnahme gem. § 6 Abs. 1
SPoIG gehandelt haben!

126 Lisken/Denninger, S. 847, verweisen zutreffend auf die entspr. Regeln der Ersatzvornahme (§ 24 SVwVG) und der unmittelbaren Ausführung (§ 6 SPoIG). Danach ist die Polizei befugt, eine Maßnahme selbst oder durch einen Beauftragten auszuführen. Diese Formulierung mache deutlich, dass die Zwischenschaltung eines Privaten die Polizei nicht aus der Rolle des handelnden Rechtssubjekts verdrängen soll.

 

Anmerkung: Siehe zu den dargelegten Problemen

 

 

Unfall am Elbufer

Klausur aus dem Polizeirecht mit verwaltungsgerichtlichem Urteil, Kostenforderung aus Ersatzvornahme oder unmittelbarer Ausführung, Störerauswahl,

Rechtsschutz gegen die drohende Vollstreckung der Kostenforderung

 in der Verwaltungsrundschau 2005, 381 ff.

 

 

Teueres Parken in Zwickau

Polizeirechtliche Klausur, Widerspruch gegen den Leistungsbescheid wg. Kosten des Abschleppen eines Kraftfahrzeuges, Tenor des Widerspruchsbescheides

in apf 2005, Landesbeilage Sachsen, S. 89 ff.